Gastbeitrag

Zukunftstechnologie

KI in der Immobilienentwicklung: Effizienz steigern, Wohnraum schaffen

Lange Zeit galt die Immobilienbranche nicht gerade als „Early Adopter“ in Sachen digitale Transformation. Doch das ändert sich. Denn um die großen Herausforderungen der Gegenwart wie die sich zuspitzende Wohnungskrise zu bewältigen, braucht es digitale Technologien mehr denn je.

Eine Platine, auf der kleine Häuser zu sehen sind, die ebenfalls aus Platinen bestehen, als Hinweis auf KI in der Immobilienentwicklung

01.09.2025

Wer heute bezahlbaren Wohnraum finden will, muss sich auf eine lange Suche von bis zu einem Jahr einstellen. Denn in Deutschland fehlen über eine halbe Millionen Wohnungen – Tendenz steigend. Gerade in Großstädten wie München, Berlin, Hamburg oder Köln ist die Lage ernst. Eine hohe Bevölkerungsdichte und ständiger Zuzug sorgen dafür, dass der Bedarf wächst. Der ohnehin schleppende Neubau kann hier nicht Schritt halten. Laut Schätzungen des immobilienwirtschaftlichen Spitzenverbandes ZIA, könnte die Lücke bis 2027 auf über 830.000 fehlende Wohnungen anwachsen. Im Bereich der Sozialwohnungen wird bis 2030 sogar ein Bedarf von zwei Millionen Wohnungen erwartet.

Mit dem sogenannten „Bau-Turbo“ möchte die neue Bundesbauministerin nun Genehmigungsverfahren beschleunigen und den Bau ankurbeln. Ob der Turbo zündet, bleibt jedoch abzuwarten. Angesichts der bestehenden Herausforderungen stellt sich daher die Frage, welche Möglichkeiten es noch gibt, schnell und einfach Potenziale zu erkennen und Wohnraum zu schaffen. In diesem Kontext gewinnt der Einsatz digitaler Technologien, allen voran Künstliche Intelligenz (KI), an Bedeutung.
 

KI als Effizienzhebel in der Immobilienentwicklung

Künstliche Intelligenz ist eines der wertvollsten Instrumente in der Immobilienentwicklung, denn sie hilft, bislang ungenutzte oder versteckte Potenziale aufzudecken und zu erkennen, welche Projekte sich wirklich lohnen. Statt wochenlanger manueller Recherche, können mittels KI Grundbuchinformationen, Energieeffizienzklassen, wirtschaftliche Parameter und viele weitere Gebäude- und Grundstücksdaten in nur wenigen Sekunden ausgewertet werden. Darauf aufbauend lassen sich Szenarien für jede einzelne Immobilie erstellen und wichtige Fragen beantworten, etwa:

  • Wo kann ein Gebäude um eine Etage erweitert werden, sodass zusätzlicher Wohnraum entsteht?
  • Welche Sanierungsmaßnahmen steigern den Wert eines Objekts – ökologisch wie wirtschaftlich?

Ein Beispiel: Eine Analyse der Aufstockungspotenziale in München hat gezeigt, dass durch gezielte Nachverdichtung bis zu 3.000 neue Wohnungen à 50 Quadratmeter entstehen könnten. Und das ganz ohne neue Flächen zu versiegeln. Eine solche Analyse hätte früher stundenlange Vor-Ort-Begehungen erfordert – pro Objekt im Schnitt acht Stunden und 550 Euro. Heute können ganze Stadtgebiete mittels KI in Sekunden analysiert werden. Digitale Lösungen machen also sichtbar, wo Nachverdichtung wirklich möglich und wirtschaftlich sinnvoll ist. Und bieten damit einen echten Mehrwert in der Schaffung von neuem Wohnraum.

Wo KI an ihre Grenzen stößt

Trotz aller Möglichkeiten, ist KI (noch) nicht grenzenlos einsetzbar. Insbesondere wenn es um die finale Bewertung der Bausubstanz oder die reale Umsetzbarkeit von Projekten geht, fängt die Arbeit menschlicher Fachkräfte an. Denn hier braucht es weiterhin die Expertise von Architekten und Ingenieuren, die die technische Machbarkeit prüfen und gegebenenfalls Anpassungen vornehmen. Allerdings kann KI durch die schnelle Erhebung und Analyse von Informationen menschliche Entscheidungsprozesse erheblich beschleunigen und dadurch insgesamt die Projekteffizienz steigern.

Ein weiteres Hindernis stellt die Datenqualität und -verfügbarkeit dar. Eine KI ist immer nur so gut, wie die Daten, mit denen sie trainiert wird. Gerade bei Gebäude- und Grundstücksdaten besteht das Problem darin, dass diese zwar grundsätzlich als Open Source zur Verfügung stehen, aber von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich strukturiert und nicht verknüpft sind. Die Herausforderung liegt hier in der Datenzusammenführung.

Digitale Transformation der Immobilienwirtschaft

Um die digitale Transformation in der Immobilienbranche voranzutreiben, sind neben technologischen Innovationen also auch entsprechende politische und rechtliche Rahmenbedingungen notwendig. Ein entscheidender Punkt ist der Abbau bürokratischer Hürden. Es braucht vereinfachte Genehmigungsprozesse, transparente Richtlinien und einheitliche Datenmodelle in allen 16 Bundesländern. Nur so kann KI ihr volles Potenzial entfalten. Bedeutet: Um den digitalen Wandel anzutreiben und dringend benötigte Lösungen für die sich zuspitzende Wohnungskrise zu entwickeln, ist ein ein entschlossenes Zusammenspiel von Politik, Technologie und Baupraxis nötig,

Der Weg zur (K)Intelligenten Immobilienentwicklung

KI ist ein entscheidender Schlüssel, um die Immobilienentwicklung effizienter zu gestalten. Vor allem im Bereich der Bestandsentwicklung bietet sie großen Mehrwert, indem sie versteckte Wohnraumpotenziale erkennt und aufzeigt, wo sich Nachverdichtung wirklich lohnt. Doch um ihre Möglichkeiten voll auszuschöpfen, müssen Technologie, Fachwissen und politische Rahmenbedingungen Hand in Hand gehen. Es braucht mehr Mut und die Bereitschaft, neue Technologien auszuprobieren.

Matthias Zühlke

ist Architekt, Co-Founder und CEO des Münsteraner PropTechs syte – Gewinner des Deutschen KI-Preises 2023, des PropTech Germany Awards 2024 und des PropTech of the Year Awards 2025. Seit 15 Jahren in der Immobilienbranche tätig, fokussiert er sich mit seinem Unternehmen auf die digitale Transformation der Immobilienwirtschaft. syte nutzt KI, um in Echtzeit alle Potenziale und Daten zu Immobilien zu liefern – von der Grundstückssuche über Bebauungs,- Sanierungs- und Photovoltaikpotenziale bis hin zu Projektkalkulationen.