Investments

„Europa muss Technologien ermöglichen – nicht nur regulieren“

Dr. Hermann Hauser, Mitgründer von Amadeus Capital Partners, hat über 150 Deep-Tech-Start-ups finanziert und war an der Entwicklung der ARM-Prozessoren beteiligt. Im Interview mit DUP UNTERNEHMER-Verleger Jens de Buhr spricht er über Europas Rückstand bei Künstlicher Intelligenz, KI-Souveränität und das disruptive Potenzial von Quantencomputern.

14.08.2025

Es gibt nicht wenige Expertinnen und Experten, die davor warnen, dass Deutschland den Anschluss bei Schlüsseltechnologien wie Künstlicher Intelligenz und Quantencomputing zu verlieren droht – nicht wegen mangelnder Kompetenz, sondern wegen zu starrer Regulierung. Das sagt der Technologie-Investor Dr. Hermann Hauser von Amadeus Capital Partners. Hoffnung macht ihm ein Start-up, das mit einer neuartigen Quantenarchitektur internationale Maßstäbe setzt.

DUP UNTERNEHMER-Magazin: Europa scheint in der KI-Entwicklung hinter den USA und China zurückzuliegen. Was läuft falsch?

Dr. Hermann Hauser: Europa hat ein Problem, und das ist eine Obsession mit Regulierung. Während in Amerika und China Milliarden in KI-Infrastruktur und Datenzentren fließen, diskutieren wir in Europa über Datenschutzparagrafen. Das blockiert Innovation. Ich sehe das jeden Tag: Die spannendsten Entwicklungen kommen aus weniger regulierten Ökosystemen.

Dabei zeigen Start-ups wie Mistral aus Frankreich, dass auch in Europa Exzellenz möglich ist.

Hauser: Absolut! Mistral ist ein gutes Beispiel. Das ­Unternehmen wurde mit dem klaren Ziel gegründet, europäische technologische Souveränität aufzubauen. Genau das brauchen wir – eine Vision, die über den nächsten Förderantrag hinausgeht. Aber das reicht nicht, wenn Unternehmen zwei Versionen einer Technologie bauen müssen – eine für die USA, eine für ­Europa. Das ist ineffizient und lähmt unsere Wett­bewerbsfähigkeit.

Wie beurteilen Sie die Entwicklung im Bereich Quantencomputing?

Hauser: Da passiert derzeit Unglaubliches, und zwar weit über die reine Rechenleistung hinaus. Quantencomputer ermöglichen Simulationen auf molekularer Ebene. Das revolutioniert zum Beispiel die Medikamentenentwicklung. Wir sprechen nicht mehr von „one size fits all“, sondern von Arzneien, die auf indi­viduelle Organismen abgestimmt sind. Diese personalisierte Medizin ist ein gigantischer Fortschritt.

Haben Sie weitere konkrete Beispiele aus dem Bereich Quantencomputing?

Hauser: Ich habe in das Unternehmen Planqc investiert, das von Dr. Alexander Glätzle und Sebastian Blatt gegründet wurde. Zusammen mit Professor Wolfgang Lechner haben sie eine neuartige Quantenarchitektur entwickelt, die weltweit Beachtung findet. Das ist kein kleines Spin-off, das ist eine potenzielle technologische Revolution. Sie zeigen, dass Europa Weltklasse liefern kann – wenn die Rahmenbedingungen stimmen.

Sie sprechen von einer technologischen Revolution. Was meinen Sie damit genau?

Hauser: Wir stehen heute vor einer Umwälzung, die mit der Erfindung der Elektrizität vergleichbar ist. Damals konnte niemand absehen, was Strom alles ermöglichen würde. Genauso ist es jetzt mit Künstlicher Intelligenz und Quantencomputing. Diese Technologien werden unsere Industrie, unsere Medizin und unsere Gesellschaft grundlegend verändern.

Aber die Risiken sind ebenso groß. Wie gehen wir damit um?

Hauser: Natürlich gibt es Gefahren wie Manipulationen, Arbeitsplatzverluste oder Missbrauch von KI. Doch wir dürfen nicht in eine Frankenstein-Rhetorik verfallen. In Japan zum Beispiel sind humanoide Roboter nicht angstbesetzt, sondern freundlich, charmant. Es kommt auf die kulturelle Einbettung an – und auf verantwortungsvolle Gestaltung.

Wie kann Europa den Anschluss schaffen?

Hauser: Indem wir aufhören, Technologie nur zu regulieren, und anfangen, sie zu ermöglichen. Wir brauchen mehr langfristiges Kapital, mehr technologische Risikobereitschaft, mehr Vertrauen in unsere Gründerinnen und Gründer. Gute Köpfe wie zum Beispiel Dr. Alexander Glätzle von Plancq sind selten – und sie brauchen ein Umfeld, das ihnen den Rücken stärkt, statt sie auszubremsen. Das muss geschaffen werden.

Wie optimistisch sind Sie, dass das gelingt?

Hauser: Ich bin optimistisch, ja. Denn es gibt diese positiven Beispiele. Aber wir müssen uns entscheiden: Will Europa Zuschauer dieser Revolution sein – oder Mitgestalter?

Dr. Hermann Hauser

ist Physiker, Tech-Unternehmer und Mitgründer von ARM und Amadeus Capital. Er zählt zu Europas einflussreichsten Deep-Tech-Investoren.