DUP UNTERNEHMER Magazin: Ihr Unternehmen ist in der Robotik tätig. Was sind aktuell Ihre Flaggschiff-Produkte?
Martin Kullmann: Unser Portfolio reicht von Industrierobotern über autonome mobile Roboter (AMR) bis hin zu kollaborativen Robotern (Cobots) – allesamt zugeschnitten auf unterschiedlichste industrielle Anwendungen. Besonders hervorzuheben sind aktuell die neuen KI-gestützten Funktionspakete aus unserem Item-Picking-Portfolio: der Fashion Inductor und der Parcel Inductor. Sie sind speziell für den Einsatz in Logistik und E-Commerce konzipiert und nutzen unsere eigene KI-Bildverarbeitung, die sich bei führenden internationalen Kunden bereits bewährt hat.
Auch unsere Lösungen für das Schweißen mit Cobots und die Laborautomatisierung gewinnen an Bedeutung. Ein weiteres Highlight ist PixelPaint – eine Technologie für die effiziente, individuelle Fahrzeuglackierung ohne Overspray. Neben der Mechatronik setzen wir stark auf Service: etwa mit der Lern-App RoboMasters oder der Offline-Programmierlösung RobotStudio. Zudem führen wir jährlich über 3.500 Trainings in unserem Robotics-Zentrum in Friedberg durch – eines der größten weltweit. Nachhaltigkeit spielt dabei eine immer größere Rolle: Wiederaufbereitete Roboter reduzieren den CO₂-Ausstoß um bis zu 75 Prozent.
In welchen Bereichen werden diese Roboter eingesetzt, und wer sind Ihre Kunden?
Kullmann: Unsere Lösungen kommen klassisch in der Automobil-, Lebensmittel-, Elektronik- und Metallindustrie zum Einsatz. Doch zunehmend entdecken auch Branchen wie das Bauwesen, die Logistik oder das Gesundheitswesen die Vorteile von Robotik. Dank einfacher Bedienbarkeit profitieren auch mittelständische Unternehmen. Gerade für KMU, die mit Fachkräftemangel kämpfen, bieten Cobots einen niederschwelligen Einstieg in die Automatisierung – und entlasten Mitarbeitende bei repetitiven oder gefährlichen Tätigkeiten.
Wie hoch liegt der Umsatz Ihrer Robotik-Sparte?
Kullmann: Unser Geschäftsbereich „Robotik und Fertigungsautomation“ erzielte 2024 weltweit einen Umsatz von 3,2 Milliarden US-Dollar. Rund 11.000 Mitarbeitende arbeiten daran, Unternehmen mit intelligenten Automatisierungslösungen zukunftsfähig aufzustellen.
Wer zählt zu Ihren stärksten Wettbewerbern?
Kullmann: Das hängt stark von Branche und Anwendung ab. ABB ist seit über 50 Jahren Pionier in der Robotik – entsprechend gibt es viele Mitbewerber mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Wir fokussieren uns darauf, den praktischen Mehrwert für unsere Kunden in den Mittelpunkt zu stellen.
Wie beeinflusst Künstliche Intelligenz die Entwicklung Ihrer Roboter?
Kullmann: KI ist kein Selbstzweck – sie muss konkrete Vorteile bringen. Unsere Roboter profitieren etwa durch KI-basierte Objekterkennung, Entscheidungsfindung und visuelle Systeme, die den Einsatz in dynamischen Umgebungen ermöglichen. Besonders Cobots und AMRs gewinnen dadurch deutlich an Präzision und Anpassungsfähigkeit. Generative KI wird künftig die Bedienung vereinfachen – etwa durch Sprachsteuerung. Gerade KMUs ohne eigenes Entwicklerteam profitieren davon enorm.
Was ist der nächste große Entwicklungsschritt?
Kullmann: Die Kombination aus KI, Bildverarbeitung und mobilen Lösungen eröffnet neue Einsatzmöglichkeiten. Ziel ist es, Robotik intuitiver und produktiver zu machen – auch in bisher wenig automatisierten Branchen. Automatisierung wird so flexibler, adaptiver und zugänglicher – etwa für Logistik, Gesundheitswesen oder das Baugewerbe.
Wie stellen Sie die Sicherheit Ihrer Roboter sicher?
Kullmann: Mit unserer SafeMove-Technologie bieten wir eine zertifizierte Softwarelösung für die sichere Überwachung von Bewegungen, Werkzeugen und Geschwindigkeiten – vollständig integriert in unsere Robotersteuerung OmniCore. Ergänzt wird das durch sichere Feldbus-Kommunikation. Die Simulation potenzieller Risiken erfolgt mit unserer ROBOGUIDE-Software – praxisnah und vorausschauend.
Wie schnell werden Ihre Roboter vom technologischen Fortschritt überholt?
Kullmann: Das variiert stark. In Bereichen wie dem Lichtbogenschweißen ist Langlebigkeit entscheidend – unser 100.000. Roboter von 2002 ist heute noch im Einsatz. In der Logistik hingegen steigt der Innovationsdruck ständig. Wir bleiben am Puls der Zeit – auch durch Integration neuer KI-Funktionen.
Welche Ziele haben Sie sich kurz-, mittel- und langfristig gesetzt?
Kullmann: Kurzfristig arbeiten wir daran, unser Cobot-Angebot weiter auszubauen. Gleichzeitig stärken wir nachhaltige Praktiken, etwa durch die Wiederaufbereitung von Robotern. Einfache Bedienbarkeit ist uns besonders wichtig – gerade für KMUs ohne Fachpersonal. Langfristig sehen wir Robotik als genauso selbstverständlich wie das Smartphone. Deshalb wollen wir heute schon die nächste Generation für Robotik begeistern.

