Versorgung

PKV: Medizin warnt vor Praxissterben

Ob die Regelungen zur privaten Krankenversicherung geändert werden sollen, stand im Wahlkampf zur Debatte. Eine diind-Umfrage zeigt nun, welche Folge bei Einschränkungen oder gar Abschaffung drohen würden.

Ein Arzt und eine Patientin unterhalten sich, als Symbol für das Praxissterben

27.01.2025

Ein großes Praxissterben droht in Deutschland bei Einschränkungen oder gar einer Abschaffung der Privaten Krankenversicherung (PKV): 46 Prozent der befragten niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte nannten diese Befürchtung in einer Umfrage des Deutschen Innovationsinstituts (diind). Konkret um die Zukunft der eigenen Praxis sorgen sich demnach knapp 30 Prozent der Teilnehmenden.

Weitere Folgen einer im aktuellen Wahlkampf von einigen Parteien und Politikern geforderten Abschwächung oder gar Abschaffung der gegenwärtigen PKV-Regelungen wären nach Einschätzung der Befragten Gehaltseinbußen beim medizinischen Personal und weniger leistungsfähige Praxen. Auch vor einer geringeren Innovationskraft bei Behandlungsmethoden wird häufig gewarnt. Nur etwa ein Drittel der befragten Medizinerinnen und Mediziner kann mögliche Auswirkungen nicht einschätzen oder erwartet keine.

Viel Umsatz mit PKV

Ein Grund für die Sorgen vieler Niedergelassener: Auch wenn Privatversicherte nur etwas mehr als jede oder jeden Zehnten aller Krankenversicherten in Deutschland ausmachen, lag ihr Anteil am Gesamtumsatz aller Arztpraxen insgesamt nach jüngsten Daten des Statistischen Bundesamts bei knapp 25 Prozent. In den zahnärztlichen Praxen erreichte demnach dieser Wert sogar fast die Hälfte. Das liegt daran, dass die Abrechnung von Leistungen für Mitglieder der PKV und der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) unterschiedlich strukturiert ist.

Vor dem Hintergrund, dass der Bestand dieses dualen Systems aus GKV und PKV im Bundestags-Wahlkampf von SPD, Grünen und Linken erneut in Frage gestellt worden war, befragte das diind in Zusammenarbeit mit dem Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV-Verband) insgesamt 297 Allgemeinmedizinerinnen und -mediziner sowie Spezialisten und Spezialistinnen unterschiedlicher Fachrichtungen. Diese beantworteten zwischen dem 12. Dezember 2024 und dem 7. Januar 2025 einen vom diind eigens entwickelten Online-Fragebogen zum Themenkomplex PKV sowie zu Erwartungen an eine neue Bundesregierung. Die große Mehrheit der Teilnehmenden führt demnach eine eigene Praxis. Der Umsatzanteil, den die Befragten dabei mit Versicherten der PKV erzielen, ist breit gestreut. Somit lassen ihre Antworten Schlüsse zu auf die Auswirkungen von möglichen Änderungen bei der PKV.

Praxissterben: Bürokratie hemmt Medizin

Ein weiteres wichtiges Ergebnis ist der laute Ruf aus der Medizin nach Entbürokratisierung. Gefragt nach ihrer wichtigsten Erwartung an die Gesundheitspolitik in der nächsten Legislaturperiode antworteten 79,9 Prozent der Teilnehmenden mit „Entlastung von bürokratischen Aufgaben“. In dem Ranking, bei dem mehrere Antworten gewählt werden konnten, findet sich eine höhere Vergütung auf Platz zwei. Dagegen fallen Themen wie eine stärkere Berücksichtigung von Interessen der Ärzte und Ärztinnen bei der digitalen Infrastruktur oder bessere Vernetzung von ambulanter und stationärer Versorgung deutlich zurück.

Die hohe Belastung durch Bürokratie zeigt auch die Reihenfolge der Punkte, die nach Einschätzung der Befragten Lösungen zur Verbesserung der ambulanten Versorgung bieten können: Wieder steht mit 66,2 Prozent die Verringerung des Verwaltungsaufwands klar an der Spitze. Ansätzen wie eine stärkere Einbindung von nicht-ärztlichem Personal in die Aufgaben, eine neue Praxisgebühr oder mehr Telemedizin fallen deutlich weniger ins Gewicht. Dass mit 26,8 Prozent nur gut ein Viertel der Teilnehmenden auf eine hausarztzentrierte Versorgung setzt, könnte daran liegen, dass derartige Modelle bereits von diversen Krankenversicherern angeboten werden.

Innovationskraft in Gefahr

„Das Abbau von Bürokratie sollte für die Politik Priorität haben, denn diese belastet alle Bereiche der Wirtschaft schwer“, sagte diind-Geschäftsführerin Ines Woermann zu den Ergebnissen der Umfrage. Woermann weiter: „Zudem gilt es, die Innovationskraft von Praxen und Medizineinrichtungen zu erhalten und noch zu steigern. Die Befragung zeigt, dass diese durch Änderungen bei der Krankenversicherung bedroht sein könnte – zu Lasten erkrankter Menschen.“ Alle Ergebnisse der Umfrage im Detail sind beim diind abrufbar.

Ines Woermann

ist Geschäftsführerin des Deutschen Innovationsinstituts für Nachhaltigkeit und Digitalisierung