Gastbeitrag

Leadership

Negative Teamdynamiken mit empathischer Distanz durchbrechen

Was tun, wenn der Frust anderer auf die eigene Energie schlägt? Antworten gibt Selfcare-Expertin Kara Pientka in ihrem Gastbeitrag.

27.06.2025

Er jammert, er lästert, er nörgelt – der Kollege muss wohl mal wieder Dampf ablassen. Seine Teamleiterin hört zu, seufzt innerlich und versucht, die eigene positive Stimmung zu bewahren. Das ist nicht leicht. Gerade Dauernörgler werden schnell zu echten Stimmungskillerinnen oder -killern.

Zu erkennen sind sie oft an ihren wiederkehrenden Themen. Lösungsvorschläge lehnen sie ab oder ignorieren sie. Statt aktiv nach Handlungsoptionen zu suchen, geht es ihnen um Aufmerksamkeit und soziale Verbindung – nach dem Motto: Geteiltes Leid ist halbes Leid.

Ein echter Hilferuf dagegen zeigt sich durch konkrete Problemschilderungen und die Offenheit für Lösungen. Menschen in echten Notlagen suchen aktiv nach Wegen aus ihrer Situation. Aber nun sitzt da der Nörgler. Was also tun?

Empathische Grenzen setzen – ohne Kälte

Bevor die Teamleiterin selbst in den Strudel negativer Gedanken gerät, kann sie empathische Grenzen setzen. Die Technik des Separierens hilft dabei. Sie tritt innerlich einen Schritt zurück und macht sich bewusst: Die pessimistische Sichtweise ist nicht ihr Problem, sondern das der anderen Person.

Dann kann sie beispielsweise sagen: „Ich höre, dass Sie das sehr beschäftigt. Haben Sie sich schon überlegt, was Sie konkret ändern könnten?“ Oder: „Das klingt herausfordernd. Welche Unterstützung brauchen Sie konkret?“

Es geht darum, Verständnis zu zeigen, sich aber nicht auf die negative Grundstimmung einzulassen und emotional zu verstricken. Eine mitfühlende Reaktion, ohne die Verantwortung für die Gefühle anderer zu übernehmen, ist möglich – und für das Gegenüber hilfreich.

Viele Menschen sind nicht grundsätzlich negativ – sie haben sich das Nörgeln angewöhnt, weil es (vermeintlich) Nähe schafft. Durch klare Antworten und gezielte Rückfragen erfahren sie: Das funktioniert so nicht. Es ist nicht Aufgabe von Führungskräften, das Bedürfnis nach Nähe zu erfüllen.

Wer in einer Führungsrolle etwas anderes glaubt, landet schnell im „Superhelden-Modus“: Immer verfügbar sein, alles leisten, alles können – am besten rund um die Uhr. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, verlieren viele den Kontakt zu sich selbst. Alle Antennen sind nach außen gerichtet.

Das Gegenmittel heißt Sensorship: die Fähigkeit, Signale von innen und außen wahrzunehmen, zu filtern und entsprechend zu handeln – für sich selbst und mit empathischer Distanz für andere. Wir lehnen uns innerlich zurück und beobachten unsere Reaktion auf das nörgelnde Gegenüber.

Haben die klaren Nachfragen geholfen? Oder hält das Jammern an und die eigene Laune droht weiterhin zu kippen? Dann hilft: „Augenblick, ich bin gleich zurück.“

Im Beispiel verlässt die Teamleiterin kurz den Raum – und schüttelt sich draußen aus. Das ist wörtlich gemeint. Die körperliche Bewegung hilft, die Anspannung abzubauen. Bewusst tiefes Ein- und Ausatmen unterstützt diesen Effekt. Danach kehrt sie zurück und beendet das Gespräch freundlich – mit dem Hinweis, dass sie den Dialog gerne fortsetzt, sobald Lösungsansätze geprüft oder ein konkretes Problem benannt werden kann.

Selbstfürsorge gegen negative Dynamik

Sich selbst wohlwollend beim Denken und Fühlen zu beobachten, ist der Schlüssel zur mentalen Gesundheit im Führungsalltag. Wir brauchen ein neues Verständnis von Selbstfürsorge im Umgang mit negativen Dynamiken.

Selbstfürsorge bedeutet, bewusst Verantwortung für das eigene Wohlbefinden zu übernehmen. So zu arbeiten, dass das Tun mehr Kraft gibt, als es nimmt. Dazu gehört:

  • Klarheit: Eigene Grenzen kennen und kommunizieren. Wir verlieren Energie, wenn wir Ja sagen und Nein meinen.
  • Leichtigkeit: Flexibel bleiben – ohne Perfektionsanspruch.
  • Mitgefühl: Für sich selbst und andere – aber ohne Überverantwortung.

Kara Pientka

gehört seit rund 25 Jahren zu Deutschlands Coaching-Elite. Als Business-Health-Coach mit langjähriger Erfahrung im Führungskräfte-Coaching unterstützt sie Menschen dabei, trotz vielfältiger Anforderungen gesund, klar und wirksam zu bleiben. Sie ist Gründerin und Geschäftsführerin des INHESA Instituts für Health & Selfcare in Berlin.