Interview

„Power of Choice“: Warum Toyota auf Vielfalt bei Antrieben setzt

Mario Köhler ist seit Anfang des Jahres Präsident und CEO von Toyota Deutschland – in einer Zeit, in der sich Märkte, Mobilität und Erwartungen rasant verändern. Er erklärt, warum der japanische Automobilhersteller auf technologische Offenheit setzt und mit dem Prinzip „Power of Choice“ den Kunden in den Mittelpunkt stellt.

Ein Toyota steht an einer Brandung und zwei Menschen blicken aufs Wasser, als bildliche Darstellung für "Power of Choice"

18.06.2025

Mit DUP UNTERNEHMER-Verleger Jens de Buhr spricht Mario Köhler außerdem über Führung mit Haltung, die Bedeutung starker Partnerschaften und den Wert von Verlässlichkeit.

DUP UNTERNEHMER-Magazin: Herr Köhler, Sie sind seit Anfang des Jahres Präsident von Toyota Deutschland. Was war Ihnen zum Start besonders wichtig?

Mario Köhler: Mir war wichtig, dass ich mich nicht verstelle. Ich bin seit vielen Jahren bei Toyota und komme aus dem Team. Authentizität ist mir wichtig – „What you see is what you get“. Gleichzeitig sehe ich mich nicht als Corporate Captain, sondern als Unternehmer im Unternehmen. Ich frage bei allem: Ist das sinnvoll? Und: Ist es wirtschaftlich nachhaltig, auch für unsere Handelspartner?

Sie gelten als jemand, der das Geschäft von der Basis her kennt. Wie prägt das Ihre Führung?

Köhler: Ich war viele Jahre im Außendienst unterwegs, habe mit Händlern und Unternehmern auf Augenhöhe gesprochen. Diese Erfahrung erdet. Wer glaubt, dass PowerPoint und Vision-Charts reichen, wird scheitern. Retail ist Detail. Ich führe lieber mit Klarheit und echter Wirkung als mit großen Bildern.

Was bedeutet Transformation für Sie?

Köhler: Das ist für mich nichts Neues. Ich komme aus Leipzig, war zwölf Jahre alt, als die Mauer fiel – das war ein kompletter Systemwechsel. Wandel begleitet mich seitdem. Was wir heute erleben, ist oft nur eine neue Stufe davon. Entscheidend ist die Haltung. Ich bin ein Fan von Zuversicht. Und Zuversicht ist für mich kein Gefühl, sondern eine Geisteshaltung.

Und was bedeutet das für Ihr Unternehmen?

Köhler: Wir erleben eine technologische und gesellschaftliche Neusortierung. Toyota will sich weiterentwickeln. Mit Tempo, aber ohne Aktionismus. Klar ist: Wenn ich als Präsident das Tempo rausnehme, wird die Organisation automatisch langsamer. Deshalb sehe ich mich auch als Herzschrittmacher.

Wie gehen Sie mit Druck um – und wie mit Minderleistung?

Köhler: Druck kann ein kraftvoller Trigger für Wachstum sein. Wenn niemand mehr etwas von dir erwartet, ist das ein schlechtes Zeichen. Aber Druck darf nie ­de­struktiv sein. Was Minderleistung angeht: Jeder ­bekommt bei uns die Chance, sich zu entwickeln. Aber Leistung ist keine Einbahnstraße. Jeder im Team trägt Verantwortung.

Toyota gilt als besonders kundenorientiert. Was ist aus Ihrer Sicht heute entscheidend im Vertrieb?

Köhler: Kunden wollen Transparenz, Authentizität und Empathie. Wer das Bedürfnis hinter dem Kauf versteht – ob jemand eine Hundebox im Kofferraum braucht oder Ladeinfrastruktur zu Hause –, der verkauft auch erfolgreich. Unsere Stärke ist, dass wir echte Wahlfreiheit bieten: ob Hybrid, Plug-in, Batterie oder Wasserstoff. Wir nennen das: Power of Choice.

Und wenn jemand sagt: Ich will weiter Diesel fahren?

Köhler: Dann werbe ich nicht gegen etwas, sondern für uns. Zum Beispiel mit einem Plug-in, der 300 PS bringt und in unter sechs Sekunden auf 100 ist. Viele wissen gar nicht, was da heute möglich ist, ökonomisch wie emotional.

Wie weit ist Toyota beim autonomen Fahren?

Köhler: Technologisch weit. In Japan haben wir Level-3-Freigaben. In Deutschland sind es vor allem Infrastruktur, Netzabdeckung und rechtliche Rahmenbedingungen, die die Umsetzung komplexer machen. Der große Durchbruch kommt vermutlich zuerst im öffentlichen Nahverkehr, etwa im Busverkehr, wo Personal knapp wird.

Was unterscheidet Toyota von anderen Marken wie Tesla, VW oder Hyundai?

Köhler: Vielleicht unsere Haltung: Wir glauben nicht an das eine System, sondern an Antriebsvielfalt. Und wir denken langfristig. Mit Programmen wie „Toyota Relax“ – 15 Jahre Garantie inklusive Rückkehroption – schaffen wir Vertrauen.

Ein Blick auf die Marke: Wie entwickelt sich Toyota weiter?

Köhler: Wir verzeichnen derzeit ein starkes Momentum als Marke. Mit Modellen wie dem neuen Toyota C-HR haben wir eine deutliche Verjüngung in der Käuferschaft gesehen – und sprechen auch deutlich mehr Frauen an. Das ist für uns ein zentraler Hebel, um näher an unsere Kundinnen und Kunden zu rücken, rational und emotional. Dazu tragen unsere Modelloffensive, die GR-SPORT-Modelle als technologische Leistungsspitze und unser Engagement im Sport bei. Besonders im Basketball setzen wir auf eine inklusive, dynamisch wachsende Sportart mit starken Partnerschaften im Männer-, Frauen- und Rollstuhlsport. Toyota versteht sich als Teil der Gesellschaft und übernimmt auch Verantwortung dafür.

Wie zeigt sich diese Verantwortung konkret?

Köhler: Toyota engagierte sich weltweit als Mobilitätspartner von Olympia und Paralympics. In Paris haben wir Mobilitätskonzepte speziell für Menschen mit Behinderung gezeigt, etwa barrierefreie Fahrzeuge für Rollstuhlfahrende. Das war kein PR-Projekt, sondern gelebte Innovation. Diese Technologien entwickeln wir weiter – weil Mobilität für alle zugänglich sein muss. Gleichzeitig bleiben wir unserer DNA treu: langlebige Produkte, starke Handelspartner, hohe Kundenzufriedenheit. Unsere Loyalitätsquote liegt bei über 80 Prozent. Das ist extrem.

Das Bild zeigt Mario Köhler Vorstandsvorsitzender der Geschäftsführung und Präsident von Toyota Deutschland

Mario Köhler

ist seit 2025 Vorsitzender der Geschäftsführung und Präsident von Toyota Deutschland. Mit 19 Jahren nationaler und internationaler Branchenerfahrung leitet er seit November 2023 als COO und Commercial Director das operative Deutschland-Geschäft