DUP UNTERNEHMER-Magazin: Sie haben sich Ihr Finanzwissen selbst angeeignet. Warum haben Sie angefangen, sich mit Geldanlage auseinanderzusetzen und dann andere Frauen zum Investieren zu ermutigen?
Natascha Wegelin: Der Ursprungsmoment für meine Motivation, mich näher mit meinen Finanzen auszusetzen, war eine scheinbar unabhängige und kostenlose Finanzberatung, durch die ich 18.000 Euro verloren habe – für mich ein absoluter Wendepunkt. Ich habe gemerkt, dass ich die radikale Eigenverantwortung für meine Finanzen selbst übernehmen muss. Daraufhin habe ich mir über Jahre hinweg mein Finanzwissen eigenständig angeeignet: Durch über 1.000 Stunden Selbststudium, rund 200 Bücher, Podcasts und Seminare. Und je tiefer ich eingestiegen bin, desto klarer wurde mir: Dieses Wissen muss raus – besonders an Frauen, die sich im Finanzbereich oft unsicher fühlen.
Nachdem ich mich in meinem Freundeskreis umgeschaut habe, ist mir aufgefallen, wie viele Frauen sich gar nicht selbst um ihre Finanzen kümmern. Da habe ich gemerkt, wie groß der Anteil an Frauen ist, die dieses Wissen und die Selbstbestimmtheit über ihr eigenes Geld brauchen. Der erste Schritt war für mich, die Facebook-Gruppe zu gründen und Frauen damit einen gewissen Safe Space für dieses Thema zu bieten. Von da aus haben sich dann alle weiteren Schritte bis zur Gründung von Madame Moneypenny ergeben. Bei Madame Moneypenny wollen wir Frauen mit Wissen empowern und ihnen die Struktur liefern, um ihre eigenen Finanzen selbstbestimmt in die Hand zu nehmen. Das konnten wir bisher auch schon ziemlich erfolgreich umsetzen und haben bereits über 10.000 Frauen auf ihrer Geldreise begleitet.
Sie sagen von sich selbst, Sie seien keine Finanzberaterin und möchten keine sein. Worin sehen Sie Ihre Aufgabe?
Wegelin: Ganz einfach: Im Gegensatz zu Finanzberatern möchte ich Frauen keine Produkte verkaufen, sondern sie dazu befähigen, selbstbestimmt zu entscheiden, was sie mit ihrem Geld machen wollen. Viele sogenannte „Beratungen“ funktionieren in Wahrheit über Provisionen. Das heißt: Je mehr Produkte verkauft werden, desto mehr verdient die beratende Person. Die vermeintlich kostenlose Beratung ist dann alles andere als unabhängig. Genau das ist mir ja selbst passiert. Ich habe damals fast 18.000 Euro durch eine private Rentenversicherung verloren, die mir als gute Lösung verkauft wurde.
Ich sehe meine Aufgabe darin, Frauen zu befähigen, selbst gute und fundierte finanzielle Entscheidungen zu treffen, damit sie langfristig selbstbestimmt sind. Egal ob in einer Partnerschaft, mit Kindern oder als Unternehmerin. Ähnlich wie eine große Schwester oder Mentorin, die an der Seite der Frauen steht und sie durch den Dschungel begleitet, beziehungsweise ihnen hilft, den Berg zu erklimmen.
Das Ziel ist echtes Empowerment, damit die Frauen selbst lernen, souveräne und eigene Entscheidungen zu treffen und ihren Weg wirklich einmal eigenständig zu gehen. Denn Finanzberater verkaufen dir einmal ein Produkt, aber danach sind sie weg. Das heißt, wenn man dann in Rente geht, hat man nur sich selbst. Daher ist es entscheidend, ob man sich Wissen angeeignet hat und selbstbestimmte Entscheidungen treffen kann oder eben nicht.
Frauen und Geldanlage – warum ist dieses Verhältnis oft so kompliziert?
Wegelin: Die größten Hürden sind fehlendes Wissen und mangelnde finanzielle Selbstwirksamkeit, die aus dem Gefühl resultieren, im Finanzbereich nichts verloren zu haben. Viele Frauen haben nie gelernt, sich mit Geld zu beschäftigen. Dazu kommen psychologische Blockaden und unsere Sozialisierung: Viele Frauen trauen sich schlicht nicht zu, „das mit dem Geld“ selbst zu regeln. Gesellschaftliche Rollenbilder wie „Geld ist Männersache“ oder „Finanzen sind kompliziert“ halten sich auch heute weiterhin hartnäckig. Hinzu kommen strukturelle Faktoren wie der Gender-Pay-Gap, Teilzeitarbeit oder Babypausen, die zu einer viel schlechteren Altersabsicherung für Frauen führen.
Überwinden lassen sich diese Hürden, indem man sich mit dem Thema richtig auseinandersetzt, seine Zahlen kennt, eine Strategie aufsetzt und ein sicheres Vermögen aufbaut. Für unsere finanzielle Selbstbestimmtheit sollten wir Frauen unsere Finanzen zwar selbst in die Hand nehmen, wir müssen dabei aber nicht allein sein. Mit Madame Moneypenny vermitteln wir Frauen nicht nur Wissen, sondern auch Tools, Orientierung, Motivation. Im Mentoring schaffen wir eine klare Struktur, und mit unserer Community bieten wir einen Safe Space für den Austausch. Denn nur wer ins Handeln kommt, kann wirklich etwas verändern.
Sie bieten kostenpflichtige Mentoring-Programme und Workshops an, die nicht gerade günstig sind. Wie rechtfertigen Sie die hohen Preise?
Wegelin: Viel wichtiger ist ja eher die Frage, welchen Wert unsere Kundinnen aus den Programmen ziehen. Schaut man sich unsere Bewertungen, Nachrichten und Trust-Pilot-Reviews an, zeigt sich schnell, wie begeistert die Frauen sind und welchen Wert wir mit unseren Programmen tagtäglich stiften. Schließlich muss man den Preis immer in Verhältnis setzen zu dem, was man dafür bekommt.
Die Frage ist also: „Teuer“ im Vergleich zu was? Eine klassische Finanzberatung, die mir eine einmalige Anlagestrategie erstellt, kostet mich schnell das Doppelte – und am Ende bin ich wieder von externer Beratung abhängig, ohne mir selbst Wissen angeeignet zu haben. Bei Madame Moneypenny geht es um nachhaltige finanzielle Selbstbestimmung. Unsere Teilnehmerinnen eignen sich Wissen und ein Money Mindset an, das ihnen niemand mehr nehmen kann. Sie sparen langfristig nicht nur Geld, sondern lernen, bessere Finanzentscheidungen für sich selbst zu treffen und Fehlkäufe zu vermeiden.
Kommen zu Ihnen auch Unternehmerinnen und weibliche Führungskräfte?
Wegelin: Zu uns kommen Frauen aus ganz unterschiedlichen beruflichen Kontexten, darunter viele Unternehmerinnen, Managerinnen und Freiberuflerinnen. Gerade bei ihnen merkt man: Nur weil man es gewohnt ist, Entscheidungen zu treffen, bedeutet das nicht, dass man das nötige Wissen hat, um die richtigen Entscheidungen zu fällen. Oft fehlt fundiertes Hintergrundwissen zur Geldanlage. Diese Frauen verdienen häufig sehr gut, aber ihre Finanzplanung ist überraschend lückenhaft oder unsystematisch. Gleichzeitig sind die finanziellen Rahmenbedingungen oft komplexer: hohe Gehälter, variable Einkommensbestandteile, Beteiligungen oder unterschiedliche Vorsorgelücken.
All das erfordert individuelle und strategisch durchdachte Lösungen. Bei uns nehmen auch Frauen teil, die in Banken arbeiten oder deren Männer Finanzberater sind. Sie haben trotzdem dieselbe gesellschaftliche Prägung und Sozialisierung erfahren. Sie müssen sich ebenfalls erst einmal das richtige Wissen aneignen. Die Rentenlücke bleibt dabei genauso bestehen: Als Frau stellt sich nicht die Frage, ob ich eine Rentenlücke habe, sondern wie groß diese ist. Deshalb entwickeln wir aktuell bei Madame Moneypenny spezielle Programme für diese Zielgruppe – mit Fokus auf strategischen Vermögensaufbau und Altersvorsorge bei hohem Einkommen und begrenzter Zeit. Bald gibt es dazu mehr.
Welches sind die häufigsten Fehler, die Sie bei Frauen und Geldanlage beziehungsweise bei ihrer Altersvorsorge und Finanzplanung feststellen?
Wegelin: Erstens über Finanzberater zu gehen und sich kurzfristige Produkte aufschwatzen zu lassen, durch die man am Ende eher Geld verliert als spart – wie es mir mit dem Verlust von knapp 18.000 Euro passiert ist.
Zweitens: In aktive statt passive Fonds investieren. Aktive Fonds sind teuer, schwer zu durchschauen und liefern in den meisten Fällen nicht die versprochene Überrendite. Passive, breit diversifizierte Fonds sind meist das bessere Instrument für langfristigen, stressfreien und erfolgreichen Vermögensaufbau. Nicht breit genug zu investieren ist auch ein Fehler, der uns häufig auffällt. Manche Leute denken, der MSCI World sei eine Finanzstrategie. Das ist absoluter Quatsch. Man muss viel breiter investieren, eine zukunftsorientierte Anlagestrategie muss sich von klassischen Index-Dogmen lösen. Diversifikation ist der Schlüssel, besonders für langfristige Stabilität.
Ein weiterer häufiger Fehler ist, ins Blaue hinein zu sparen, ohne die eigene Rentenlücke zu kennen. Der fehlende Überblick über die Finanzen und über das, was man ansparen muss, um die eigene Rentenlücke zu füllen. Und schließlich ist es ein Fehler, abzuwarten. Viele Frauen hoffen auf den „richtigen Moment“, um mit dem Investieren zu beginnen. Doch dieser Moment kommt meist nie, und es geht wertvolle Zeit im Zinseszinsvorteil verloren. Wer nicht investiert, verliert langfristig.
Welche Grundprinzipien sollten Frauen bei ihrer Anlagestrategie beachten, um nachhaltig Vermögen aufzubauen und welche Anlageprodukte eignen sich dafür?
Wegelin: Der nachhaltige Vermögensaufbau beginnt nicht mit dem Kauf von ETFs, sondern mit Klarheit. Deshalb begleiten wir Frauen im Mentoring Schritt für Schritt durch einen bewährten 7-Stufen-Prozess, der genau auf dieses Ziel hinführt: eine langfristige, fundierte und selbstbestimmte Anlagestrategie.
Da ist erstens das Money Mindset: Bevor es ums Investieren geht, geht es ums Verstehen: Was sind die eigenen Einnahmen, was die Ausgaben? Ein gesunder Umgang mit Geld beginnt im Kopf. Es folgt die Berechnung der Rentenlücke und das Ziele setzen: Wie groß ist deine finanzielle Lücke im Alter – und was will man erreichen? Mit 60 auf Weltreise gehen oder einfach finanzielle Sicherheit schaffen? Klare Ziele sind der Kompass für jede Anlagestrategie.
Drittens: Basierend auf dem Status Quo und Zielen eine individuelle Strategie entwickeln, die zum eigenen Leben passt – statt einfach das zu tun, was „alle“ machen.
Stufe vier ist die Anlyse des Risikoprofils: Wie viel Schwankung kann man emotional und finanziell aushalten? Die persönliche Risikobereitschaft bestimmt mit, wie man sein Portfolio strukturiert.
Fünftens: Anlageplan und Portfolio aufsetzen. Wie viel kann man monatlich investieren? In welche Produkte? Wir empfehlen eine breite Diversifikation mit langfristiger Ausrichtung, die global streut und kostengünstig ist.
Punkt sechs ist, Informationen zu sammeln. Zu verstehen, worin man investiert, ist der Schlüssel zum Erfolg. Dafür muss man sich aber erst einmal das entsprechende Wissen aneignen und in die verschiedenen Optionen richtig einlesen.
Und siebtens und letztens: umsetzen und dranbleiben. Jetzt beginnt der eigentliche Vermögensaufbau: Das Investieren – automatisiert, langfristig und mit einem klaren Plan. Und dabei wichtig ist das Dranbleiben, unabhängig davon, was an den Märkten passiert. Buy and hold heißt hier das Zauberwort. Unser Ziel ist nicht, dass Frauen irgendwem folgen, sondern dass sie selbstbewusst ihre eigenen Entscheidungen treffen können. Und das mit einem Portfolio, das nicht nur zu ihrer finanziellen Situation passt, sondern auch zu ihren Werten, Zielen und ihrem Leben.
Sie empfehlen ETFs als Geldanlage. Bei dieser Anlageform kann es auch mal zu hohen Verlusten kommen. Wie sollten Anlegerinnen sich dann verhalten?
Wegelin: Zunächst ist wichtig zu sagen: Wir empfehlen keine spezifischen Produkte, auch keine ETFs. Was wir tun, ist Frauen dabei zu unterstützen, sich selbst das nötige Wissen anzueignen, um eigenständige und gut informierte Entscheidungen treffen zu können. Für viele sind ETFs dann ein sinnvoller Bestandteil ihrer Strategie, da sie kostengünstig, transparent und langfristig erfolgreich sind. Aber zu Verlusten kann es theoretisch immer kommen. In solchen Situationen heißt es: Ruhe bewahren. Schwankungen gehören an der Börse dazu, vor allem bei langfristiger Geldanlage. Wer sich vorher bewusst für einen Anlagehorizont von zehn oder mehr Jahren entschieden hat, sollte sich nicht von kurzfristigen Rücksetzern aus dem Konzept bringen lassen.
Stattdessen muss man sich in solchen Momenten einfach an die Spielregeln halten, also breit diversifizieren und lange halten. Panikverkäufe sind oft der größte Renditekiller. Viel besser ist es, den Fokus auf das große Ganze zu richten. Warum habe ich investiert? Was ist mein Ziel? Bin ich langfristig noch auf Kurs? Gerade in volatilen Phasen zeigt sich die Stärke eines klaren Plans mit regelmäßigem Sparen, automatisierten Sparplänen und einem ruhigen Blick auf das langfristige Wachstum. Wer investiert, sollte sich mental auf Höhen und Tiefen einstellen,aber vor allem darauf, dass sich Geduld auszahlt.
Haben Frauen ein anderes Verhältnis zu Risiko und Rendite als Männer?
Wegelin: Entgegen vieler Behauptungen ist es nicht so, dass Frauen vorsichtiger investieren, vielmehr investieren sie bewusster. Ich würde das nicht als risikoavers, sondern als risikobewusst beschreiben. Das ist eine große Stärke: Denn wer rational und seiner Strategie treu bleibt, hat langfristig oft die besseren Renditen. Frauen sind nachweislich die besseren Investorinnen und erreichen statistisch gesehen um 0,4 bis 0,5 Prozentpunkte höhere Renditen pro Jahr als Männer.
Auch aktuelle Studien zeigen, dass Frauen langfristiger und besonnener. Was wir in unserer Community ebenfalls beobachten: Frauen investieren oft mit einem klaren Fokus – etwa auf Altersvorsorge, finanzielle Unabhängigkeit oder nachhaltige Kriterien. Es geht weniger um das „schnelle Geld“, als um Sicherheit und Sinn. Und dieser Ansatz zahlt sich aus: Frauen investieren in vielerlei Hinsicht anders – und genau diese Unterschiede könnten ein Treiber des höheren Vermögenswachstums sein.
Laut Studien ist bei Frauen und Geldanlage Nachhaltigkeit ein größeres Thema als für Männer. Ist es klug, auf nachhaltige Investmentprodukte zu setzen?
Wegelin: Die Motivation nachhaltiger Geldanlagen ist oft emotional, etwa: „Ich möchte, dass die Welt grüner wird und wir wegkommen von Öl und Gas.“ Das ist moralisch verständlich, aber nicht Ziel einer Geldanlage. Wer anlegt, hat im Normalfall das Ziel, Rendite zu erzielen. Wer Rendite macht, dem eröffnen sich im Anschluss Möglichkeiten, die Welt entsprechend seinen Vorstellungen zu beeinflussen, etwa durch Spenden für NGOs, wohltätige Zwecke oder Parteien. Demzufolge würde ich raten:
Verdiene Geld und nutze es, um die Welt in die Richtung zu lenken, die du für gut und richtig hältst. Damit erreichst du mehr. Außerdem glauben viele, sie würden Unternehmen direkt unterstützen, wenn sie ihre Aktien kaufen. Aber man kauft Aktien in der Regel von anderen Investorinnen und Investoren. Das Unternehmen bekommt davon nichts direkt. Einen deutlich größeren Einfluss haben unsere alltäglichen Kaufentscheidungen: was wir konsumieren, von wem, wie oft. Dieser Impact wird häufig unterschätzt, der von Aktienkäufen hingegen überschätzt.
Sie sagen von sich selbst, Sie haben es zu einem Vermögen in Millionenhöhe gebracht. Wie ist Ihnen das gelungen ?
Wegelin: Bei mir war es eine Kombination aus vielen einzelnen, konsequenten Schritten über einen langen Zeitraum und nicht der eine große Wurf. Ich habe sehr früh angefangen zu arbeiten, habe immer gearbeitet und bin dabei tendenziell sparsam geblieben. Mit der Zeit hat sich mein Einkommen sukzessive gesteigert und parallel dazu auch meine Spar- und Investitionsquote.
Das war ein ganz zentraler Hebel. Meine Anlagestrategie war von Anfang an langfristig ausgelegt. Ich habe breit gestreut und konsequent investiert, unabhängig von Marktschwankungen. Ich habe keine Konsumschulden gemacht, während Krisen nicht verkauft und keine „schnellen“ Entscheidungen getroffen. Das ist sicherlich auch ein Grund, warum mich gerade das Schreiben über finanzielle Eigenständigkeit und Stabilität so beschäftigt – mein neues Buch „Die Krise liebt Frauen wie dich“ erscheint übrigens Mitte November.
Ein weiterer Meilenstein war sicher der Aufbau von Madame Moneypenny und der erfolgreiche Verkauf meines anderen Unternehmens. Der Grundstein dafür lag jedoch immer in meinem disziplinierten Umgang mit Geld, meiner Risikobereitschaft und der Entscheidung, mein Vermögen strategisch aufzubauen, statt es passiv zu verwalten.

