Diesmal war es nicht die Europäische Zentralbank (EZB), die die Bauzinsen verteuerte: Ende März sprang die Rate für eine zehnjährige Finanzierung laut Kreditvermittlungsplattform Interhyp um gut 0,3 Prozentpunkte nach oben. Da waren gerade die Abermilliarden für Rüstung und Infrastruktur beschlossen worden – die hohe Neuverschuldung trieb auch die Renditen deutscher Bundesanleihen nach oben. An diesen orientieren sich auch die Sätze für Immobiliendarlehen, die die Banken Bauwilligen sowie Käuferinnen und Käufern eines Eigenheims in Rechnung stellen.
Trotz der Kreditkostensteigerung scheint sich der Markt für Baufinanzierungen zu erholen. Nach dem Zinsschock, den die EZB mit ihrer geldpolitischen Kehrtwende ausgelöst hatte, registrierte der Verband der Pfandbriefbanken (vdp), in dem sich die großen Immobilienfinanzierer Deutschlands zusammengeschlossen haben, zuletzt 17 Prozent mehr vergebene Darlehen als im ersten Halbjahr 2024. Da auch die Hauspreise vielerorts bereits wieder anziehen, werden offensichtlich Immobilienvorhaben wieder umgesetzt – Interessentinnen und Interessenten ergreifen eine Gelegenheit, die vorübergehen könnte. Denn die Konditionen für den Kauf des Eigenheims drohen sich auf Sicht zu verschlechtern.
Prognosen: Steigender Bauzins voraus
So rechnet etwa die Hessisch-Thüringische Landesbank (Helaba) in ihrem September-Prognosereport „Märkte und Trends“ zwar mit konstanten EZB-Zinsen von 2,0 Prozent bis Ende 2026. Dennoch sieht das Institut steigende Werte bei zehnjährigen Bundesanleihen, an deren Renditen sich eben auch der Bauzins orientiert: Demnach sollen sie sich von Mitte September 2025 bis Mitte kommenden Jahres von 2,68 auf 2,8 Prozent erhöhen. Zur Begründung heißt es: „Hohe Staatsverschuldung und politisches Chaos verunsichern die Anleger weltweit.“
Die Deutsche Bank wird in ihrem „Deutschland-Monitor Baufinanzierung“ für das Schlussquartal 2025 deutlicher: Das Institut erwartet, dass die Renditen zehnjähriger Bundesanleihen bereits zum Jahreswechsel 2025/26 die Drei-Prozent-Schwelle erreichen und danach weiter anziehen. Zur Begründung nennt die Deutsche Bank die in diesem Jahr „eingeläutete finanzpolitische Wende“ mit den Sondervermögen für Infrastruktur und Bundeswehr, die auf eine „sehr lockere Fiskalpolitik“ hinausliefen. Daher lautet die Bauzinsprognose bereits für das Jahresende 2025: „etwas unterhalb von vier Prozent“. Und: „Angesichts des erwarteten Zinsanstiegs dürfte die Erschwinglichkeit abnehmen“, heißt es in der Vorhersage. Demnach werden sich wohl tendenziell weniger Privathaushalte die Finanzierung eines Eigenheims auch tatsächlich leisten können.
„Volatilität der Zinsen wird zunehmen“
Die ING Deutschland hingegen erwartet einen Schub bei den Bauzinsen erst später: Thomas Hein, Leiter Vertrieb Immobilienfinanzierung beim in Frankfurt ansässigen Institut, spricht im Interview (siehe unten) davon, dass sich die Raten „zunächst weiter auf dem aktuellen Niveau bewegen“ würden. Aber: „Im Laufe des nächsten Jahres rechnen wir mit leicht steigenden Zinsen“, so Hein weiter. Zudem nehme „die Volatilität der Zinsen aufgrund wachsender Unsicherheiten in den Märkten und mit Blick auf politische Entscheidungen weiter zu“, warnt er.
Wie genau sich die Bauzinsen entwickeln werden, ist damit offen. Doch Expertinnen und Experten gehen von tendenziell eher steigenden Raten aus. Das sollte berücksichtigen, wer beispielsweise eine Anschlussfinanzierung sucht, insbesondere, wenn die Erstfinanzierung in Niedrigstzinszeiten abgeschlossen wurde. Wer Neubau oder Kauf plant, muss zudem den Anstieg der Haus- und Wohnungspreise berücksichtigen: Dieser dürfte angesichts des schleppenden Neubaus andauern – so wie auch der Druck Richtung Eigenheim durch weiter steigende Mieten.
Konditionen für den Eigenheimkauf könnten sich verschlechtern
Noch unklar ist zudem, wie sich die Förderlandschaft für energetische Modernisierungen des Eigenheims ab 2026 darstellen wird, die für Käuferinnen und Käufer von Bestandsbauten den Ausschlag geben kann – die entsprechenden Beratungen zum Bundeshaushalt stehen noch am Anfang. Dabei spielt die energetische Aufstellung bei der Bepreisung von Wohnimmobilien eine immer größere Rolle, wie ING-Manager Hein sagt. Trotz der möglichen Verschlechterung der Konditionen betont er aber mit Blick auf Kaufvorhaben beim Eigenheim: „Es muss insbesondere in die persönliche Lebenssituation passen.“
„Zinssituation nicht mehr der allein entscheidende Faktor”
Thomas Hein, Leiter Vertrieb Immobilienfinanzierung bei der ING Deutschland, über die Marktlage und die Zukunft der Branche.
DUP UNTERNEHMER-Magazin: Zuletzt haben die Banken in Deutschland deutlich mehr Baudarlehen ausgereicht, die Konditionen zeigten sich stabil. Wie geht es aus Sicht der ING beim Niveau der Bauzinsen weiter?
Thomas Hein: Aus unserer Sicht werden sich die Zinsen zunächst weiter auf dem aktuellen Niveau bewegen. Im Laufe des nächsten Jahres rechnen wir mit leicht steigenden Zinsen. Die Baufinanzierungszinsen orientieren sich an dem 10-Jahres-Satz für Bundesanleihen. Da 2026 Teile des Sondervermögens des Bundes finanziert werden, gehen wir davon aus, dass dies höhere Zinsen für die Bundesanleihen mit sich bringt. Unsicherheiten hinsichtlich möglicher Anpassungen bei Zöllen und auch der Wechselkurse können sich auf die Inflation und damit auf die Aktivitäten der EZB auswirken und zu steigenden Zinsen führen. Insgesamt betrachtet nimmt die Volatilität der Zinsen aufgrund wachsender Unsicherheiten in den Märkten und mit Blick auf politische Entscheidungen weiter zu.
Nach einer Schwächephase ziehen die Hauspreise vielfach bereits wieder an. Hat dieser Trend bestand?
Hein: Die Hauspreise bilden sich am Markt und werden von Angebot und Nachfrage bestimmt. In vielen Regionen Deutschlands übertrifft aktuell die Nachfrage das vorhandene Angebot, was zu steigenden Preisen führt. Was wir auch feststellen, ist, dass die Energieklasse der Häuser entscheidend für den Preis ist. Je besser die Energieklasse, umso höher der Preis. Deshalb ist auch die energetische Sanierung beziehungsweise Modernisierung von Häusern so wichtig, um Preisstabilität zu gewährleisten.
Explodierende Baukosten belasten die Branche. Viele befürchten, dass sich die Lage angesichts der geplanten Infrastrukturmaßnahmen und der dadurch wachsenden Nachfrage nach Personal und Material weiter verschärfen wird – Sie auch?
Hein: Die Baukosten werden sicherlich weiter zulegen, von „explodierend“ würde ich hier allerdings aktuell nicht sprechen. Auch hier spielt das Zusammenspiel zwischen Angebot und Nachfrage eine Rolle. Je stärker die Nachfrage nach Modernisierung und Sanierung beispielsweise ist, umso eher erleben wir steigende Preise. Im Hinblick auf steigende Nebenkosten aufgrund fehlender energetischer Maßnahmen wird der Druck auf Modernisierung und Sanierung zunehmen, und das wird zu weiter steigenden Kosten führen. Je näher wir an den Zeitpunkt der Klimaneutralität in Deutschland kommen, also im Jahr 2045, umso mehr wird sich diese Situation verschärfen. Umso wichtiger ist es für Immobilieneigentümerinnen und -eigentümer, bereits jetzt aktiv zu werden.
Ergibt sich aus dieser Situation aktuell eine Art „sweet spot“ für private Bauvorhaben?
Hein: Unter den aktuellen Rahmenbedingungen ist momentan für Neubau wie auch für den Kauf einer Bestandsimmobilie und/oder Modernisierung eine günstige Zeit – mit einer Einschränkung: Es muss insbesondere in die persönliche Lebenssituation passen. Das ist bei derartig gravierenden Investitionen die wichtigste Komponente. Zunächst muss man für sich die Entscheidung treffen, ob man in seiner individuellen Situation bauen oder kaufen möchte. Erst danach schaut man sich die Rahmenbedingungen an und prüft, ob eine Finanzierung möglich ist. Dann ist die Zinssituation auch nicht mehr der allein entscheidende Faktor.
Die Baufinanzierung genießt im Bankenwesen hohe Bedeutung. Welche neuen Entwicklungen transformieren zurzeit diesen wichtigen Bereich?
Hein: Auch für die ING Deutschland ist Baufinanzierung ein zentraler und bedeutender Geschäftsbereich. Deshalb kümmern wir uns um eine stetige Weiterentwicklung und sind mit unseren Kundinnen und Kunden sowie Vermittlerinnen und Vermittlern im regelmäßigen Austausch. Aktuell liegt unser Fokus auf Angeboten rund um Sanierung und Modernisierung. Mit dem Produkt „Baufi Energy“ schaffen wir gezielte Anreize, um Investitionen in diesen Bereichen aktiv zu fördern. Parallel dazu bieten wir mit „Baufi Green“ ein spezielles Finanzierungsangebot für energieeffiziente Neubauten an. Ein weiterer Erfolgsfaktor sind digitalisierte Prozesse, die nicht nur zur Kostenkontrolle beitragen, sondern auch unsere Kundinnen und Kunden bei schnellen Kreditentscheidungen unterstützen. Ziel ist es, Interessentinnen und Interessenten beim Immobilienkauf so zu begleiten, dass sie durch eine zügige Kreditzusage einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Bieterinnen und Bietern erhalten. Hierzu entwickeln wir aktuell entsprechende Prozesslösungen.


