DWS hat sie im Programm, J.P. Morgan gibt einer ganzen Gruppe von ihnen den Beinamen „Enhanced“, auch bei der Blackrock-Tocher iShares sind sie zu haben – aktive ETFs sind derzeit einer der Renner unter den neuen Finanzprodukten. Was unterscheidet aktive börsengehandelte Fonds (Exchange Traded Funds, ETF) von den mittlerweile einer breiten Anglegendenschar bekannten passiven ETFs? „Passive ETFs bilden einen Index nach, der eine zufällige Marktrendite generiert. Diese werden auch eher als Index-ETFs oder ETF-Indexfonds bezeichnet. Aktive ETFs versuchen durch Techniken wie Stockpicking oder Markettiming, höhere Renditen als die zufälligen Marktrenditen eines Index zu erzielen. Einige aktive ETFs legen einen Index zugrunde, den sie jedoch durch Eingriffe 'verbessern‘ wollen. Andere aktive ETFs entwickeln grundsätzlich indexfremde Strategien,“ erklärt Merten Larisch, Referent Altersvorsorge-, Geldanlage- und Immobilienfinanzierungsberatung bei der Verbraucherzentrale Bayern (siehe Interview unten).
Aktive ETFs auf dem Vormarsch
In den USA erfreuen sich die hierzulande vergleichsweise neuen Angebote großer Beliebtheit. Wie das Analyse- und Ratinghaus Morningstar meldete, standen dort Ende Juni dieses Jahres erstmals mehr aktive ETF (2.226) als passive ETF (2.157) im Angebot der Finanzdienstleister – wenn auch das in passiven Produkten investierte Kapital weiterhin um ein Vielfaches höher ist.
74 neue aktive ETF im ersten Halbjahr
Hierzulande wächst die Zahl der Offerten ebenfalls rasant. Nach einer Studie des Informations- und Analyse-Portals extraETF notierten zuletzt 281 solcher Portfolios an den Börsen. „Allein im ersten Halbjahr 2025 fanden 74 neue aktive ETFs den Weg an den Markt“, schreibt Jens Jüttner, Autor der Studie und Head of Content von extraETF. Im gesamten vergangenen Jahr kamen 85 solcher Investmentvehikel hinzu.
Die Entwicklung mitgestalten
Was bewegt Finanzhäuser dazu, aktive ETFs anzubieten? Darüber gibt Oleg Schantorenko Auskunft, Client Portfolio Manager & ESG-Specialist sowie Deputy Head of Institutional Clients bei der DJE Kapital AG, die für den Fondsriesen DWS den Xtrackers DJE US Equity Research UCITS ETF steuert: „DJE hat sich bewusst für die Steuerung eines aktiven ETFs entschieden, da sich der Markt stark in Richtung ETFs entwickelt: 90 Prozent der Nettozuflüsse im Vorjahr und zwei von drei Euro in diesem Jahr flossen in ETFs. Der Aktienfondsbestand in Deutschland besteht bereits zu 40 Prozent aus ETFs. DJE wollte dieser Entwicklung nicht nur zusehen, sondern aktiv mitgestalten – allerdings ausschließlich mit einem aktiven Ansatz, da rein passive Strategien nicht zur Philosophie des Hauses passen.“
Neue Zielgruppen im Visier
Die von der Kapitalmarktlegende Dr. Jens Ehrhardt vor Jahrzehnten gegründete DJE Kapital AG erzielte viele Erfolge mit klassischen gemanagten Investmentfonds. Schantorenko weiter: „Die Wahl fiel auf den US-Markt, damit sich der ETF von unseren bestehenden aktiven Strategien klar abgrenzt. Der ETF basiert auf einem eigenentwickelten Bottom-up-Selektionsmodell, das qualitative und quantitative Faktoren kombiniert. Ziel ist ein fokussiertes Portfolio aus 50 US-Aktien mit struktureller Überlegenheit gegenüber dem MSCI USA Index." Zudem wolle DJE mit dem ETF neue Zielgruppen wie Selbstentscheider, Wholesale-Vertrieb und Family Offices adressieren, die DJE mit klassischen Fonds unter Umständen nicht erreichen könne.
Aktive ETF mit Kostenvorteilen
Aber widerspricht ein aktiv gemanagter ETF nicht dem grundlegenden Prinzip eines ETFs? Schantorenko: „Nein. Wir würden eher sagen, dass aktive ETFs 'das Beste aus zwei Welten' vereinen. Sie bieten die Kostenvorteile und Liquidität traditioneller ETFs, aber mit einer aktiven Steuerung, die Anlegern hilft, sich nicht blind den Schwankungen eines Index auszusetzen. Gerade in unsicheren Zeiten wird die breite Diversifikation eines Portfolios basierend auf einem systematischen Titelselektionsprozess weiterhin ein Vorteil sein."
Vertrauen in Manager vonnöten
Der ETF von DJE zeige seinen aktiven Charakter unter anderem durch regelmäßiges Rebalancing: „Beim letzten Quartalswechsel wurden 17 Titel neu aufgenommen, andere abgestuft oder entfernt. Dies unterstreicht, dass der ETF nicht passiv einem Index folgt, sondern aktiv gesteuert wird." So müssen Anlegerinnen und Anleger entscheiden, ob sie den Strategien von Managerinnen und Managern aktiver ETFs vertrauen möchten, um womögilch eine Mehrrendite im Vergleich zu einem Index erzielen zu können – oder sich, wie Verbraucherberater Larisch meint, mit der in der Vergangenheit „auskömmlichen Belohnung" etwa eines ETFs auf den globalen Aktienindex MSCI World beschränken wollen. Das Risiko: Der aktive ETF entwickelt sich schlechter als der Index im Visier. Ob die Strategien der aktiven ETFs aufgehen, wird die Zukunft zeigen.
„Auskömmliche Belohnung“
Merten Larisch, Experte der Verbraucherzentrale Bayern, sieht klassische ETFs weiter vorne.
DUP UNTERNEHMER-Magazin: Welche Vor- und Nachteile haben aktive ETFs gegenüber traditionellen, aktiv gemanagten Fonds?
Merten Larisch: Die meisten aktiven ETFs haben geringere Kosten als die traditionellen Fonds. Bei traditionellen Fonds gibt es viele, die nicht über Börsen oder ähnliche Handelsplätze, sondern nur über die Fondsgesellschaft handelbar sind. Das gibt es bei ETFs nicht, wie der Name bereits sagt.
Wie flexibel ist ein aktiver ETF im Vergleich zu einem passiven ETF in Bezug auf die Anpassung des Portfolios?
Larisch: Der passive ETF bildet mit seinem Portfolio – aus guten Gründen – stur einen Index ab, nach einer von der Fondsgesellschaft festgelegten Methode. In der Bestückung und Änderung des Portfolios ist das Management eines aktiven ETFs somit ziemlich frei.
Gibt es bestimmte Märkte oder Situationen, in denen aktive ETFs einen deutlichen Mehrwert gegenüber Index-ETFs bieten?
Larisch: Schwerlich, genauso wie bei traditionellen gemanagten Fonds. Man könnte einräumen: Es gibt dafür zwar noch zu kurze Statistikzeiträume für aktive ETFs. Fakt ist aber: Fondsmanagerinnen und -manager können Kurs- oder Zinsentwicklungen nicht ausreichend verlässlich vorhersehen, auch wenn sie bei ihren Investitionsentscheidungen für den Fonds von den richtigen ökonomischen Erkenntnissen ausgehen sollten. Der zahlenmäßige Anteil von aktiven Managern und Managerinnen traditioneller Fonds, die mit ihren Entscheidungen in einem Zeitfenster besser oder schlechter abgeschnitten haben als der entsprechende Index-ETF, schwankt von Zeitraum zu Zeitraum erheblich. In den weit überwiegenden Anlagekategorien sind die Renditen von aktivem Management jedoch überwiegend niedriger als die der entsprechenden Index-ETFs. Bei Nischensegmenten, beispielsweise Aktien einer exotischen Region oder eine spezifische Anleihengruppe, ist der Anteil der das Indexergebnis übertreffenden Fonds zwar etwas größer als in den Hauptsegmenten wie US-Aktien. Jedoch kann man auch hier nicht ausschließen, dass man mit seiner Anlageentscheidung in den unerfolgreichen Teil der Fondsgruppe greift.
Nehmen wir das Beispiel ETFs auf den MSCI World. Die werden seit längerem empfohlen, auch von Verbraucherberatungen. Doch auf Jahressicht performte der stark US-aktienlastige Index deutlich schlechter als etwa der Dax. Sollten Anlegende mit einem MSCI-ETF im Depot investiert bleiben?
Larisch: Empfehlenswert ist erst einmal grundsätzlich die Investition in den breiten weltweiten Aktienmarkt mittels Index-ETFs. Wer dabei auf die Chancen des Prinzips der Marktkapitalisierung setzt, legt auch seine für den Aktienmarktanteil des Gesamtportfolios vorgesehene Anlagesumme in ETFs auf einen der Weltindizes wie den MSCI World, FTSE All-World oder MSCI ACWI.
Was brachte das in der Vergangenheit?
Larisch: Für bestimmte Risiken neben dem systematischen Schwankungsrisiko erhielt der Anleger mindestens in den letzten 30 Jahren eine auskömmliche Renditebelohnung. Die Gesamtrendite eines MSCI-World-ETF betrug pro Jahr durchschnittlich 8,6 Prozent.
Gibt es Alternativen?
Larisch: Wer die speziellen Risiken des Prinzips der Marktkapitalisierung – wie ein sehr hoher US-Anteil – zu Lasten einer eventuell etwas geringeren Renditeerwartung wegdiversifizieren möchte, teilt die weltweite Landschaft des Aktienmarktes nach einer anderen Grundlage auf, beispielsweise nach Bruttoinlandsproduktanteil. Für diese Variante, die dafür andere Risken, beispielsweise politische, beinhaltet, werden ebenfalls Index-ETFs verwendet. Es geht dann aber darum, sich einmalig für eines der Prinzipien zu entscheiden und langfristig dabei zu bleiben.
Warum langfristig?
Larisch: Sonst tappt der Anleger über kurz oder lang in die Markettiming-Falle. Welche der speziellen Risiken dieser zwei Prinzipien zu einer Mehrrendite oder zu einer niedrigeren Gesamtvolatilität führen, ist wissenschaftlich nicht sicher ableitbar.
Aber wieso schlug nun der Dax zuletzt den beliebten Weltindex von MSCI?
Larisch: Die von Ihnen genannte Betrachtungsdauer von einem Jahr ist ganz sicher nicht repräsentativ. Und die Renditeumkehr begann erst zu Beginn des laufenden Jahres, ist also nicht in den gesamte letzten zwölf Monaten entstanden, sondern nur in den vorletzten sechs Monaten. Der Dax hat sich ja nicht etwa deshalb besser als die Kurse bestimmter US-Aktien entwickelt, weil plötzlich die Bilanzwerte und Gewinne der deutschen Unternehmen in die Höhe geschossen sind und die der US-Werte gesunken. Sondern weil die Anlegerschaft aus bekannten Gründen stark verunsichert ist. Um die Verbesserung struktureller Rahmenbedingungen für deutsche und europäische Unternehmen wird eher noch sehr hart gerungen, als dass diese für deutliche Kurserhöhungen taugen würden.
Sind aktive ETFs teurer als passive ETFs oder klassische Fonds?
Larisch: Nicht unbedingt. Die Kosten-Range ist bei aktiven und passiven ETFs für das Hauptfeld etwa gleich, von etwa 0,1 Prozent aufwärts bis 0,4 Prozent p.a. Ein Drittel der bisher etwas über 300 uns bekannten aktiven ETFs sind aber doch sehr viel teurer, das betrifft bei passiven nur weniger als zehn Prozent der ETFs. Wir sehen zurzeit nur einen aktiven ETF, der mit einem TER – der Gesamtkostenquote – von über 1,5 Prozent p.a. an die üblichen laufenden Mindestkosten von klassischen Aktienfonds heranreicht.
Wie groß ist das Risiko bei aktiven ETFs im Vergleich zu passiven Anlageformen?
Larisch: Das Risko, die bequem erzielbare, zufällige und auskömmliche Marktrendite eines Index NICHT zu erhalten, steigt bei aktiven ETFs mit jedem länger werdenden Zeitraum. Das werden mit großer Wahrscheinlichkeit später auch Zahlen zeigen, wenn die aktiven ETFs lange genug auf dem Markt gewesen sind.
Welche Kriterien sollten Anleger bei der Auswahl eines aktiven ETF beachten?
Larisch: Möglichst sollte man sich von aktiven ETFs fernhalten. Wer entgegen wissenschaftlichen Studien und Erkenntnissen in aktive ETFs anlegen möchte, sucht zuerst jene ETFs, wo der Anlagestil seiner Vorstellung entsprecht. Daraus filtert er jene mit niedrigen laufenden Kosten heraus. Der Anleger kann in eine Vielzahl von dieser Auswahl zugleich investieren, um die fehlerbedingte durchschnittliche Minderrendite – gegenüber einem Vergleichsindex – durch die Menge auszugleichen. Dazu kommt zusätzlich, regelmäßig das Renditemomentum jedes einzelnen aktiven ETFs zu checken und die Fonds auszutauschen. Eine Sisyphosarbeit, die viel zu viel Freizeit auffrisst und keine Garantie für eine Überrendite gegenüber der auskömmlichen des Marktes geben kann.
