Projektführung

Unternehmensnachfolge als strukturierter Prozess

Die Unternehmensnachfolge ist kein punktuelles Ereignis, sondern ein vielschichtiger Prozess, der über Monate oder sogar Jahre hinweg geplant und gesteuert werden muss. Vor allem im Mittelstand stellt sie eine zentrale Weichenstellung dar – mit emotionalen, wirtschaftlichen und strategischen Implikationen. Wer glaubt, mit der Vertragsunterzeichnung sei alles erledigt, unterschätzt die Komplexität eines Generationenwechsels oder der Übergabe an externe Führungskräfte.

04.06.2025

In 5 Phasen zu erfolgreichen Nachfolge

Ein erfolgreicher Übergang braucht Struktur, Weitsicht und vor allem eines: Kommunikation. Nur wenn alle relevanten Akteure frühzeitig eingebunden und die Schritte klar definiert werden, kann eine Nachfolge nachhaltig gelingen.

Phase 1: Ausgangslage analysieren und Zielbild definieren

Zu Beginn steht die Bestandsaufnahme: Wie ist die Eigentümerstruktur aufgestellt? Wo steht das Unternehmen wirtschaftlich und strategisch? Welche internen und externen Abhängigkeiten bestehen? Erst wenn Klarheit über die Ausgangslage herrscht, kann ein realistisches Zielbild entwickelt werden.

Dabei geht es um grundlegende Fragen: Soll das Unternehmen innerhalb der Familie weitergeführt oder verkauft werden? Kommt ein Management-Buy-Out in Frage oder wird ein externer Geschäftsführer gesucht?

Ein Stakeholder-Check hilft, potenzielle Einflussnehmer frühzeitig zu identifizieren – sei es aus dem Gesellschafterkreis, dem Führungsteam, der Familie oder einem Beirat.

Praxis-Tipp: Fehlende Zielklarheit ist einer der häufigsten Gründe für das Scheitern von Nachfolgeprozessen. Wer sich nicht rechtzeitig über das „Wohin?“ einig ist, riskiert später erhebliche Reibungsverluste.

Phase 2: Struktur schaffen und Expertise sichern

Der Übergabeprozess braucht ein klares Gerüst. Dazu gehört ein verbindlicher Fahrplan mit realistischen Zeitfenstern, klar definierten Meilensteinen und abgestimmten Abhängigkeiten. Ebenso wichtig ist die Frage: Wer übernimmt intern die Projektführung und wer bringt externes Know-how ein?

Vertraulichkeit und Transparenz müssen in Balance gebracht werden. Eine präzise Kommunikationsstrategie schützt sowohl sensible Informationen als auch das Vertrauen der Belegschaft.

Wichtig: In dieser frühen Phase sollte die Kommunikation auf einen engen, vertrauensvollen Kreis begrenzt bleiben. Ziel ist es, Klarheit zu schaffen – nicht Gerüchte.

Phase 3: Nachfolger finden – intern, extern oder kombiniert

Jetzt wird es konkret: Es gilt, potenzielle Nachfolgeoptionen zu identifizieren und zu bewerten. Kommt ein Familienmitglied in Frage? Gibt es qualifizierte interne Führungskräfte (MBO) oder soll extern gesucht werden (MBI)?

Zentral ist ein fundiertes Anforderungsprofil – nicht nur in Bezug auf fachliche Kompetenzen, sondern auch auf persönliche Integrität und kulturelle Passung. Der anschließende Matchingprozess muss professionell geführt werden – mit klarer Zielbild-Orientierung.

Praxis-Erfahrung: Besonders bei externen Lösungen zeigt sich: Fachliche Qualifikation allein reicht nicht. Die „Chemie“ muss stimmen – sonst droht früher oder später ein Bruch.

Phase 4: Umsetzung und Vertragsabschluss

Der Übergang geht in die juristisch-finanzielle Umsetzung: Letter of Intent, Due Diligence, Vertragsverhandlungen. Jetzt zählen Fakten, keine Schönfärberei. Unrealistische Erwartungen – etwa beim Kaufpreis oder bei Haftungsthemen – gefährden die gesamte Transaktion.

Auch die Stakeholder-Kommunikation gewinnt an Bedeutung. Jetzt müssen Mitarbeitende, Geschäftspartner und ggf. Kunden behutsam informiert werden. Ehrlichkeit, Taktgefühl und Stabilitätsbewusstsein sind dabei entscheidend.

Phase 5: Übergabe aktiv gestalten und begleiten

Mit der Unterschrift ist der Übergabeprozess nicht beendet – er beginnt jetzt erst richtig. Die operative Übergabe muss geplant, kommuniziert und symbolisch begleitet werden. Klare Verantwortlichkeiten, transparente Prozesse und eine offene Kommunikation schaffen Orientierung.

Auch die Integration des neuen Managements will gestaltet werden – ebenso wie ein respektvoller Rückzug des bisherigen Inhabers, z. B. über Sparringsformate oder eine Übergangsrolle.

Merke: Eine geglückte Nachfolge ist kein Abschluss – sie ist ein Neuanfang, der vorbereitet, begleitet und nachbereitet werden muss.

10-Punkte-Checkliste für Unternehmer – Wer macht wann was mit wem?

  1. Analyse starten: Bestandsaufnahme der wirtschaftlichen, personellen und strukturellen Lage.
  2. Ziele klären: Mit Gesellschaftern, Familie und Schlüsselpersonen ein einheitliches Zielbild entwickeln.
  3. Stakeholder-Map erstellen: Relevante interne und externe Beteiligte identifizieren und einbinden.
  4. Projektstruktur definieren: Fahrplan, Rollen und Meilensteine mit einem internen Kernteam erarbeiten.
  5. Externe Berater hinzuziehen: Recht, Steuern, M&A – rechtzeitig professionelle Unterstützung sichern.
  6. Nachfolgeoptionen prüfen: Familiennachfolge, MBO, MBI oder Verkauf – realistische Alternativen bewerten.
  7. Kandidaten identifizieren: Systematische Auswahl und Abgleich mit dem erarbeiteten Anforderungsprofil.
  8. Vertragsprozess strukturieren: Rechtliche und finanzielle Klärungen transparent und realistisch gestalten.
  9. Übergabe operativ vorbereiten: Prozesse, Kommunikation, Rollenwechsel klar definieren.
  10. Integration und Nachsorge sicherstellen: Begleitende Maßnahmen für einen nachhaltigen Übergang planen.