Künstliche Intelligenz soll Messebesuche einfacher, persönlicher und spannender machen. Doch wo liegt ihr tatsächlicher Nutzen? Ein Gespräch mit Sabine Loos, Hauptgeschäftsführerin der Westfalenhallen Unternehmensgruppe, über neue Formate, KI und den Wert echter Begegnungen.
DUP UNTERNEHMER-Magazin: Viele Menschen fragen sich: Für welches Business-Event lohnt sich meine Zeit, wo entstehen gute Gespräche?
Sabine Loos: Die Begegnung vor Ort auf einer Messe macht den Unterschied aus. Als Veranstalter der Boe International, des internationalen Treffpunkts der Event- und Messeindustrie in Dortmund, bekommen wir viele Geschichten von Ausstellern mit, die aus zufälligen Kontakten entstanden sind. Eine Geschäftsführerin lernte jemanden zwischen Kaffee und Vortrag kennen – drei Monate später war eine neue Partnerschaft entstanden. Der Mix aus Fachlichkeit, Nähe und Zufall ist es. Man spürt vor Ort Begeisterung, Humor, Leidenschaft. Das beeinflusst Entscheidungen enorm. Begegnungen schaffen Vertrauen.
Welche Formen von Austausch werden in Zukunft besonders wertvoll sein?
Loos: Der Wunsch nach Austausch ist bei Messebesuchenden enorm. Wir sehen den Trend zu kleineren, kuratierten Formaten, wo Menschen aktiv mitarbeiten können. Bei der Boe reagieren wir mit Masterclasses, in denen Hands-on-Tools angewendet werden. Im Programm erkennt man das an Begriffen wie Masterclass, Fireside Chat oder Deep Talk.
Was macht für Besuchende aus einem Programmpunkt einen Aha-Moment, der im Gedächtnis bleibt?
Loos: Relevanz, Glaubwürdigkeit und Beteiligung. Relevanz heißt, ein echtes Problem klar benennen – etwa: Wie KI-Tools wirklich den Event-Alltag erleichtern. Glaubwürdigkeit entsteht, wenn jemand ehrlich erzählt, was mal nicht geklappt hat. Und Beteiligung bedeutet, dass Menschen mitdenken dürfen, zum Beispiel durch Fragen, Demos oder Minidiskussionen.
Wo verbessert Künstliche Intelligenz das Messeerlebnis, und wo bleibt der Mensch entscheidend?
Loos: KI nutzen viele Unternehmen schon seit Jahren, meist im Hintergrund. Also zum Beispiel in der Vorbereitung – von Recherche, Konzeption und der Standplanung über Marketing, Kommunikation oder die Speakeranalyse. Aber KI nutzen wir ebenso vor Ort und in der Nachbereitung, etwa um das Besucherinteresse an Panels, Diskussionen und anderen Programmpunkten im Rahmenprogramm zu messen. Neu ist KI-gestütztes Speed-Networking, das passende Menschen zusammenbringt. Wir nutzen auch KI-Übersetzungstools, die Redebeiträge auf den Bühnen direkt übertragen. Und KI kann Take-aways aus Vorträgen generieren oder Emotionen messen. Aber sie kann nicht erklären, warum etwas passiert. Wenn sich das Publikum umdreht, weil eine Frage gestellt wird, sieht die KI Desinteresse – obwohl alle aufmerksam sind. Bedeutung und Atmosphäre erkennt nur der Mensch.
Wie wird sich der Messebesuch in Zukunft anfühlen?
Loos: Die Reise wird deutlich digitaler, persönlicher und intuitiver. Schon beim Ticketkauf startet die individuelle Journey. Die App kennt Interessen, schlägt Bühnen, Touren und Kontakte vor. Vor Ort helfen Chatbots, Push-Nachrichten erinnern an Termine, und im Nachgang werden Leads automatisch zugeordnet. Messe wird zu einer Community und einem 365-Tage-Erlebnis.


