Filme und Musik streamen? Everybody’s Darling. Plattformen für Magazine und Zeitschriften nach dem On-Demand-Prinzip hingegen führen ein weniger prominentes Dasein. Noch – wenn es nach Maria Hedengren, CEO des Leseflatrate-Anbieters Readly aus der Spotify-Heimat Schweden geht. Denn das Prinzip ist dasselbe. „Es gibt viele Gründe, warum Menschen heute vom Wunsch nach Besitz Abstand nehmen und sich lediglich Zugang zu Inhalten verschaffen möchten.“ Welche das sind und wohin sich der Markt entwickelt, erklärt sie im Interview.
Leseflatrate-Anbieter
Interview mit Readly-CEO Maria Hedengren
Der schwedische Leseflatrate-Anbieter ist seit 2014 im deutschen Markt aktiv und offeriert eine Magazin- und Zeitschriften-Bibliothek mit mehr als 4.300 Titeln in 16 Sprachen.

02.01.2020

Maria Hedengren
ist seit April 2019 CEO von Readly. Zuvor war sie Finanzchefin des schwedischen Mobile-Payment-Anbieters iZettle. Insgesamt hat Hedengren über 20 Jahre Erfahrung im Technologiebereich
DUB UNTERNEHMER-Magazin: Der deutsche Zeitschriftenmarkt ist groß und extrem ausdifferenziert. Wie wird er sich im Zuge der digitalen Transformation entwickeln?
Maria Hedengren: Die Verlagsbranche beginnt sich mehr Richtung Online zu bewegen. Wir erwarten, dass es bei der Digitalisierung von Zeitschriften eine ähnliche Entwicklung geben wird wie in der Musik- und Filmindustrie. Die globale Verbrachermagazinbranche erwirtschaftet einen Umsatz von fast 70 Milliarden Euro, in Deutschland sind es 3,34 Milliarden Euro. Das ist das Vierfache der Musikindustrie. Heute machen digitale Zeitschriften etwa 6,5 Prozent des Gesamtumsatzes der Zeitschriftenindustrie aus. In den kommenden Jahren wird dieser Wert voraussichtlich weiter steigen.
Wie positioniert sich Readly?
Hedengren: Mit Readly haben wir eine digitale Plattform geschaffen, die Lesern uneingeschränkten Zugang zu einer umfangreichen Sammlung beliebter Zeitschriftentitel und Inhalte bietet. Generell lässt sich der Trend feststellen, dass die Verbraucher „All you can eat“-Abonnementdienste bevorzugen. Sie ermöglichen es ihnen, diverse Inhalte an einem einzigen Ort zu entdecken.
Und mit Blick auf Deutschland? Treten Sie disruptiv auf?
Hedengren: Deutschland ist nicht nur unser größter Markt, sondern auch einer der fortschrittlichsten Medienmärkte in Europa. Dabei werde ich oft gefragt, ob Readly disruptiv ist. Ich würde mich lieber als Partner der Verlage bezeichnen. Wir sind hier, um gemeinsam mit ihnen die Zeitschriftenbranche zu digitalisieren.
Welcher Technologie trauen Sie ein revolutionäres Veränderungspotenzial zu?
Hedengren: Wir alle wissen, dass Daten die neue Währung sind. Gerade wenn es darum geht, langfristige Beziehungen zu Kunden aufzubauen und präzise, auf Fakten basierende Erkenntnisse anzubieten. Mit Readly erhält der Verlag eine Vielzahl von Daten über das Leseverhalten, etwa, was wann wie lange gelesen wird. Auf diese Daten hatten Verlage in der Printwelt bisher nur eingeschränkt Zugriff. Dabei können genau diese Erkenntnisse dazu führen, dass Zeitschriften noch relevantere, hochwertigere und spannendere Inhalte für die richtige Person zur richtigen Zeit produzieren, ihre Leserzahl erhöhen und ihre Marke aufbauen.
Wie reagieren Sie auf eigene Digital-Publishing-Lösungen, die Verlage selbst starten und die über ein modernes E-Paper hinausgehen?
Hedengren: Das härteste Element im Wettbewerb ist der Wettbewerb um die Zeit und Aufmerksamkeit der Verbraucher. Wenn man sich unsere Zahlen ansieht, ist das etwas, womit wir recht erfolgreich sind. Die Leser verbringen im Vergleich zu physischen Zeitschriften doppelt so viel Zeit in der Readly-App – und zwar sieben Stunden pro Monat. Wir haben viel Respekt vor dem Wettbewerb – er treibt uns an, immer der Beste und immer einen Schritt voraus zu sein.