PTV
Cloudgeschäft und Smart Citys sind die Zukunft
Kurz vor dem Ausbruch der Coronapandemie stellte die Software-Schmiede PTV ihre Unternehmensstrategie um – und hat Erfolg. CEO Christian U. Haas schildert wie Mobilität und Logistik der Zukunft aussehen, welche Rolle das Cloudgeschäft spielt und welche Schwäche er gerade zu beheben versucht.
Christian U. Haas
ist Chief Executive Officer (CEO) von PTV und seit 2019 Mitglied der Geschäftsführung. Er verfügt über 20 Jahre internationale Führungserfahrung in der Software- und Technologiebranche. Vor seinem Wechsel zur PTV war er Executive Vice President Europe bei FIS, einem europäischen Anbieter von digitalen Lösungen für Finanzdienstleistungen.
Die Wirtschaft steht mit der Coronapandemie seit drei Jahren vor großen Herausforderungen. Wie fällt Ihr Zwischenfazit aus?
Christian U. Haas: Wir haben unsere Unternehmensstrategie Anfang 2020 neu ausgerichtet und einen Transformationsprozess in Richtung plattformgestützte Cloud-Geschäftsmodelle gestartet. Im Zuge dessen war das operativ starke Ergebnis im Jahr 2020 bereits ein großer Erfolg, insbesondere im herausfordernden Umfeld der Coronapandemie. 2021 hat sich dann gezeigt, dass wir mit unserer neuen Strategie auf dem richtigen Weg sind. Wir haben im vergangenen Jahr unser Ergebnis im Vergleich zum Vorjahr fast verdreifacht und auch im Umsatz deutlich zugelegt. 2021 war ein absolutes Rekordjahr für die PTV Group.
Welchen Einfluss hatte die Pandemie auf Ihren Arbeitsalltag?
Haas: Die Pandemie hat die Arbeitskultur verändert und die Transformation hin zu einer digitalen Zukunft in allen Bereichen beschleunigt. Wir haben gesehen, wie gut digitaler Kundenaustausch und mobiles Arbeiten funktioniert. Und dass Dienstreisen nicht immer nötig sind. Die PTV hat aus diesem Grund bereits Ende des ersten Coronajahres 2020 mobiles Arbeiten und Homeoffice fest in einer Betriebsvereinbarung verankert.
Sie haben also das Thema New Work in die Praxis umgesetzt?
Haas: Die Coronapandemie war in Sachen mobiles Arbeiten ein absoluter Game-Changer. Aber wir werden in Zukunft noch weitere Änderungen sehen. Die Arbeit wird immer stärker mit Faktoren wie Sinnhaftigkeit, Gestaltungsmöglichkeiten und Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben verbunden sein. Wir haben Ende des letzten Jahres beispielsweise eine Umfrage zur betrieblichen Mobilität bei der PTV gemacht. Wir wollten herausfinden, wie wir uns in diesem Bereich nachhaltig weiterentwickeln können. Da viele Kolleginnen und Kollegen das Fahrrad oder den öffentlichen Nahverkehr nutzen, liegt unser CO2-Fußabdruck bei nur 1,3 kg CO2 pro Arbeitsweg. Im deutschen Durchschnitt sind es 2,4 kg. Solche Aspekte oder Themen wie Corporate Social Responsibility werden für die Mitarbeitenden immer wichtiger.
Worin lag Ihr Erfolgsrezept, bevor Sie Anfang 2020 die Unternehmensstrategie verändert haben?
Haas: PTV hat sich in den letzten 40 Jahren seit ihrer Gründung im Mobilitätsumfeld weltweit eine führende Rolle mit ihren Softwareprodukten erarbeitet. Außerdem sind wir im Bereich Logistik auf europäischer Ebene ebenso Vorreiter, gerade in Bezug auf Themen wie Routenplanung und Routenoptimierung. Kooperationen mit akademischen Einrichtungen weltweit und das Engagement unserer Mitarbeitenden ist ein wesentlicher Bestandteil unseres Erfolges.
Welche Art von akademischen Kooperationen meinen Sie?
Haas: Wir sind ein Spin-off, also eine Abspaltung, der Technischen Universität Karlsruhe. Die Wissenschaft steckt somit in unserer DNA. So fließen bis heute die neusten Entwicklungen aus Technik und Forschung kontinuierlich in unsere Produktentwicklungen ein. Allerdings liegt hier auch eine Schwäche.
Inwiefern?
Haas: Mit unserem wissenschaftlichen Background lag unser Hauptaugenmerk schon immer auf hervorragenden Algorithmen und den besten Ergebnissen. Durch den Fokus auf technologische Möglichkeiten und darin, komplexe Probleme zu lösen, geriet in der Vergangenheit manchmal die einfache Bedienbarkeit, die Usability, in den Hintergrund. Daher stehen wir heute in der Produktentwicklung von Anfang an in engem Austausch mit verschiedenen Zielgruppen. Der Fokus hat sich auch in Richtung User Experience verschoben.
Fokussieren Sie sich künftig in erster Linie auf das Cloudgeschäft?
Haas: Natürlich ist derzeit das Cloudgeschäft mit plattformgestützten Modellen einer der wichtigen Faktoren, um unser Wachstum weiterhin zu fördern. Das bestehende Produktportfolio wird kontinuierlich auf Basis der Marktanforderungen ausgebaut und auf skalierbare Cloud-Anwendungen umgestellt. Hier sehen wir bereits positive Ergebnisse. Aber neben dem Cloudgeschäft steckt auch im Mobilitätsmarkt selbst ein erhebliches Wachstumspotenzial – aufgrund aktueller Megatrends wie Nachhaltigkeit und Elektrifizierung. Ein weiterer wichtiger Schritt war der im März vollzogene Zusammenschluss mit dem führenden nordamerikanischen Anbieter von intelligenten Verkehrsmanagementlösungen, Econolite. Gemeinsam mit unseren Investoren, dem Private Equity Unternehmen Bridgepoint und der Porsche Automobil Holding bündeln wir unsere Kräfte in einer neuen Holding. Künftig möchten wir Hardware, Software und Dienstleistungen für die Smart Cities der Zukunft gesammelt als Plattform anbieten. Denn intelligente Mobilitäts- und Logistikkonzepte spielen eine entscheidende Rolle dabei, unsere Städte lebenswert und die Zukunft nachhaltig zu gestalten.
Sowohl für das Cloudgeschäft als auch für den Mobilitätsmarkt ist eine fundierte Digitalisierungsstrategie unverzichtbar, wie sieht Ihre aus?
Für schnelle Reaktionen auf Änderungen am Markt bedarf es Feedback von Seite der Kundinnen und Kunden. Welchen Stellenwert hat Service bei Ihnen?
Haas: Ein guter Service ist ein wesentlicher Teil unseres Lösungsangebotes. Ein kundenzentrierter Beratungsservice mit guter Erreichbarkeit und schnellen Reaktionszeiten ist dabei essenziell. Durch unsere weltweiten Standorte sowie digitale Supportkanäle sind wir hier gut aufgestellt. Das zeigt uns auch das positive Feedback von unseren Kundinnen und Kunden. Zusätzlich wissen wir durch die Erfahrungen unseres Vertriebsteam, dass unser persönlicher Service und Support häufig ein wichtiger Aspekt bei der Kaufentscheidung für unsere Tools sind.
Welche Rolle spielen im Service-Bereich direkte Interaktionen über Soziale Medien oder über Veranstaltungen?
Haas: Wir bieten Produkttrainings an, um unsere Kundinnen und Kunden bestmöglich in der Nutzung unserer Software zu unterstützen. Wir stellen bei Bedarf sogar extra Beraterinnen und Berater zur Verfügung, die ihnen bei der Einführung und Anbindung unserer Produkte in ihre IT-Landschaft unterstützen. Und ja, sehr beliebt sind auch unsere Communityforen in den Sozialen Medien. Das PTV Vissim Forum auf LinkedIn hat beispielsweise mehr als 10.000 Follower. Ein guter Service beinhaltet für uns nicht nur, unseren Kundinnen und Kunden die bestmöglichen Tools zur Verfügung zu stellen oder bei Fragen schnelle Hilfe zu bieten. Wir setzen ganz gezielt auf den aktiven Dialog mit der Community. Ein gutes Beispiel sind hier unsere weltweiten User Group Meetings, bei denen jedes Jahr tausende Nutzerinnen und Nutzer und Branchenexpertinnen und -experten zusammenkommen.
Nutzen Sie auch technologische Lösungen, um die Resonanz Ihrer Kundinnen und Kunden zu messen?
Haas: Ja, wir haben erst kürzlich ein neues Support-Tool eingeführt, das eng mit unserem CRM-System verknüpft ist. Es liefert uns wichtige Performanceindikatoren, um unsere Support-Prozesse und Kundenanforderungen zu tracken und somit datenbasiert weiterzuentwickeln.
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