Das Ampel-Aus war der Tiefpunkt einer Reihe von öffentlich ausgetragenen Auseinandersetzungen und Querelen auf der Regierungsbank zwischen SPD, Grünen und FDP. Danach folgte eine regelrechte Schlammschlacht zwischen den ehemaligen Regierungs- und Oppositionsparteien. Während der Ausgang der Wahl noch gänzlich ungewiss ist, hoffen hiesige Unternehmerinnen und Unternehmer sowie Vertreter führender Verbände, dass es mit der deutschen Wirtschaft nach den Wahlen endlich wieder aufwärts geht.
Unter dem Titel „Hören Sie uns?“ hat DUP UNTERNEHMER die Fragen einiger Spitzenverbände zu den Themen Wirtschaft, Steuern, Digitalisierung und Energiepolitik gesammelt und sie den Spitzen- und Kanzlerkandidatinnen sowie -kandidaten der demokratischen Parteien gestellt. Dr. Markus Söder, CSU-Parteivorsitzender und Ministerpräsident des Freistaats Bayern, beantwortete die Fragen der Spitzenverbände dabei wie folgt.
Marie-Theres Husken: Der Investitionsbedarf in Deutschland staut sich auf mehrere Hundert Milliarden Euro. Wie stellen Sie sicher, dass in der nächsten Legislatur in diesem Rahmen investiert wird? Muss die Schuldenbremse dazu modifiziert werden?
Dr. Markus Söder: Natürlich braucht es mehr Investitionen – in Infrastruktur und Zukunftstechnologien. Bayern ist hier Vorbild: Wir haben über 22 Milliarden Euro für Investitionen in unserem aktuellen Doppelhaushalt für 2024/2025. Und das ohne neue Schulden. Gleichzeitig wollen wir wieder Lust auf private Investitionen in Deutschland machen. Dafür braucht es attraktive Rahmenbedingungen, keine Schulden. Deshalb halten wir an der grundgesetzlichen Schuldenbremse fest. Stabile Haushaltspolitik hat Deutschland erfolgreich gemacht. Änderungen an der Schuldenbremse kann es nur bei einer Reform des Länderfinanzausgleichs geben. Es kann nicht sein, dass andere Länder auf bayerische Kosten Wohltaten verteilen. Wir sind solidarisch, aber nicht naiv.
Inken Patermann, Verband der Unternehmerinnen (VdU): Wie planen Sie, die Steuerlast für KMU zu reduzieren, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und deren Innovationsfähigkeit zu fördern?
Söder: Unsere Unternehmen sind das Rückgrat unseres Wohlstands. Statt immer mehr Gängelung braucht Deutschland jetzt ein Aufbruchssignal. Deshalb wollen wir eine grundlegende Steuerreform: Senkung der Strom-, der Unternehmens- und der Gastro-Mehrwertsteuer, Rücknahme der Belastungen der Landwirtschaft, Abschaffung des Solis und vor allem Senkung der Energiekosten. Wir werden mit Entrümpelungsgesetzen Bürokratie und Statistikpflichten abbauen, das Draufsatteln bei EU-Vorschriften beenden und das Lieferkettengesetz abschaffen. Es gilt: weniger Bürokratie, mehr Freiheit!
Dirk Freytag: Wie planen Sie konkret die Struktur und Aufgaben der deutschen Behörden zu reformieren, um Verfahren zu vereinfachen, Austausch und Beratung sowie Innovation in den Mittelpunkt zu stellen (z.B. im Datenschutz) und dadurch Unternehmen und Bürger*innen zu entlasten?
Söder: Wir brauchen einen schlankeren Staat. Deshalb werden wir den Staat begrenzen und die exzessive Zahl der Beauftragten deutlich reduzieren. Der Staat soll für die Menschen und unser Land da sein, nicht als Selbstzweck. Wir wollen Leistungsfähigkeit, etwa mit einem konsequenten „Once-Only“-Prinzip, dem Basisregister für Unternehmen und dem einheitlichen Unternehmenskonto. Den digitalen Vollzug machen wir zum Standard. Wir geben Entscheidungsträgern vor Ort die Sicherheit, um schnelle und pragmatische Entscheidungen treffen zu können. Es braucht schnellere Genehmigungen, das Verbandsklagerecht bei Infrastrukturvorhaben wollen wir abschaffen.
Dirk Freytag: Wie werden Sie mit Blick auf die Zukunftsfähigkeit Deutschlands einen stärkeren Gestaltungsspielraum etablieren, der insbesondere ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen datengetriebener Innovation und dem Schutz von Daten sicherstellt?
Söder: Wir wollen die Datenschutzpolitik zu einer Datenchancenpolitik machen. Die deutschen Datenschutzregeln sind oft zu eng und praxisfern. Es braucht mehr standardisierte Verfahren, auch beim Austausch mit staatlichen Behörden. Deshalb wollen wir die DSGVO alltagstauglich machen. Wir wollen Eigenverantwortung stärken und Sorgfaltsstandards etablieren.
Wolfram Axthelm: Welche Maßnahmen muss die nächste Bundesregierung ergreifen, um die Cybersicherheit in der Kritischen Infrastruktur zu gewährleisten?
Söder: Unser Ziel ist Cybersicherheit „Made in Germany“. Unser Land soll auch für sichere IT-Lösungen ein attraktiver Standort sein. Zusätzlich werden wir unsere Sicherheitsbehörden mit den notwendigen Befugnissen, Personal und Infrastruktur ausstatten, um Sicherheit auch im Cyberraum gewährleisten zu können. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik werden wir zur dritten Säule der deutschen Cybersicherheitsarchitektur ausbauen, neben dem Verfassungsschutz und dem Bundeskriminalamt. Insbesondere für kleinere und mittlere Unternehmen wollen wir steuerliche Anreize und günstige Finanzierungen für Cybermaßnahmen.
Wolfram Axthelm: Welche Maßnahmen wollen die Parteien ergreifen, um den Industriestandort Deutschland mit Blick auf die Erneuerbaren Energien zu sichern?
Söder: Günstige, sichere Energieversorgung ist essenziell für den Standort Deutschland. Wichtig ist der Ausbau unserer Energieinfrastruktur, mit allen Erneuerbaren. Bayern macht es vor: Wir haben die höchste installierte Leistung aller Bundesländer. Beim Zubau kamen 2023 über 20 Prozent des gesamten nationalen Zubaus allein aus Bayern. Zusätzlich müssen wir unsere Netze ausbauen, mit effizienter Verknüpfung von Erneuerbaren, Netzen und Speichern. Klar ist auch: Stromsteuer und Netzentgelte müssen runter. So sorgen wir für Deutschlands Wohlstand.
Marie-Theres Husken: Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um den Dreiklang aus Energiewende, Versorgungssicherheit und wettbewerbsfähigen Energiekosten zu bewältigen?
Söder: In aller Kürze: Stromsteuer und Netzentgelte runter, Ausbau der Erneuerbaren und der Netze, Technologieoffenheit und Innovation, Ausbau des Wasserstoffnetzes. Dabei denken wir Deutschland ganzheitlich und im europäischen Kontext. Wir dürfen keine Region benachteiligen, das schadet dem ganzen Land. Wir brauchen Investitionen in die Forschung, etwa zu Kernenergie der vierten und fünften Generation und Kernfusion. Was wir nicht brauchen: Grünen Selbstbetrug. Die Energiewende funktioniert nur mit den Menschen und der Wirtschaft, nicht gegen sie.