Bundestagswahl 2025

Lars Peters, Die Linke: „Steuerhinterziehung wollen wir einen Riegel vorschieben“

Die Linke steht für vor allem für eine gerechtere Steuerverteilung: Sie will eine Vermögensteuer wieder einführen und Steuerschlupflöcher schließen. Die so erzielten Einnahmen sollen in Bildung, Wissenschaft und Infrastruktur fließen – und damit auch KMU zugutekommen.

Bundestagswahl: Portrait des Pressesprechers der Partei "Die Linke" Lars Peters.

10.02.2025

Unter dem Titel „Hören Sie uns?“ hat DUP UNTERNEHMER die Fragen einiger Spitzenverbände zu den Themen Wirtschaft, Steuern, Digitalisierung und Energiepolitik gesammelt und sie den Spitzen- und Kanzlerkandidatinnen sowie -kandidaten der demokratischen Parteien gestellt. Erfreulich: Fast alle haben geantwortet – bis auf Bundeskanzler Scholz und Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU).

Marie-Theres Husken: Der Investitionsbedarf in Deutschland staut sich auf mehrere Hundert Milliarden Euro. Wie stellen Sie sicher, dass in der nächsten Legislatur in diesem Rahmen investiert wird? Muss die Schuldenbremse dazu modifiziert werden?

Lars Peters: Die Linke hält es für eine zwingende Notwendigkeit, in die Zukunftsfähigkeit Deutschlands zu investieren: In Bildung, Gesundheit, Wohnen, Energie, Mobilität und den Umbau der Industrie. Zukunftsinvestitionen wollen wir kreditfinanziert ermöglichen.

Um Zukunftsausgaben und -investitionen zu finanzieren, will Die Linke für mehr Steuergerechtigkeit sorgen und so die Einnahmen der öffentlichen Hand steigern. Steuerhinterziehung und -gestaltung wollen wir einen Riegel vorschieben. Wir führen die Vermögensteuer wieder ein. Untere und mittlere Einkommen entlasten wir, Spitzenverdienende ziehen wir stärker zur Finanzierung der öffentlichen Hand heran. Von guter Bildung, einer guten Infrastruktur, stabilen Strompreisen durch eine Energiewende profitieren letztlich auch die Unternehmen.

Inken Patermann: Wie planen Sie, die Steuerlast für KMU zu reduzieren, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und deren Innovationsfähigkeit zu fördern?

Peters: Untere und mittlere Einkommen entlasten wir, Spitzenverdienende ziehen wir stärker zur Finanzierung der öffentlichen Hand heran. Als Faustregel gilt: Wer (als Single, Steuerklasse I) weniger als 7.000 Euro im Monat brutto verdient, zahlt mit unserem Tarif weniger Steuern. So entlasten wir auch viele Kleinst-, Kleinunternehmerinnen und -unternehmer und mittelständische Unternehmerinnen und Unternehmer.

Von den massiven Steigerungen von öffentlichen Investitionen werden insbesondere KMU profitieren. Gute Bildung, gute Wissenschaft, eine gute Infrastruktur sowie stabile Strompreise durch eine Energiewende bilden eine stabile Basis für Wettbewerbsfähigkeit und Innovationsfähigkeit insbesondere der KMU.

Dirk Freytag: Wie planen Sie konkret die Struktur und Aufgaben der deutschen Behörden zu reformieren, um Verfahren zu vereinfachen, Austausch und Beratung sowie Innovation in den Mittelpunkt zu stellen (z.B. im Datenschutz) und dadurch Unternehmen und Bürgerinnen und Bürger zu entlasten? 

Peters: Viele Behörden sind leider unzureichend mit Personal ausgestattet. Dies ist Folge von jahrelangen Kürzungen des Öffentlichen. Mittlerweile leiden auch viele Unternehmerinnen und Unternehmer unter diesen Umstand, da sie oftmals lange auf Genehmigungen oder die Bearbeitung von Unterlagen warten müssen. Dies ist ein unhaltbarer Zustand.

Neben der konsequenten Etablierung von durchgehend digitalisierten Prozessen, sollte, wo dies sachlich machbar ist, eine one-stop-agency eingerichtet werden, um die Anzahl der Stellen, an die sich Unternehmerinnen und Unternehmer wenden müssen deutlich zu reduzieren. Mit Steuergeldern finanzierte IT-Infrastruktur muss Open Source sein und lizenzfrei durch andere öffentliche Körperschaften weiterverwendet werden können, so reduzieren wir auch das Wirrwarr verschiedenster Softwarelösungen mit denen Unternehmerinnen und Unternehmer in der Kommunikation mit der öffentlichen Hand konfrontiert sind.
Bei der Entwicklung digitalisierter Verwaltungsabläufe sollten auch immer die letztlich Betroffenen, also beispielsweise potenzielle Antragstellerinnen und -steller einbezogen werden: schlecht gemachte Digitalisierung ist oftmals schlimmer als keine Digitalisierung. Insbesondere in der Kommunikation mit Bürgerinnen und Bürgern halten wir längere Übergangszeiten, in denen auch nicht-digitalisierte Verfahren vorgehalten werden, für gerechtfertigt.

Freytag: Wie werden Sie mit Blick auf die Zukunftsfähigkeit Deutschlands einen stärkeren Gestaltungsspielraum etablieren, der insbesondere ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen datengetriebener Innovation und dem Schutz von Daten sicherstellt?

Peters: Wir setzen uns dafür ein, dass sich Digitalisierung an den Bedürfnissen der Menschen ausgerichtet wird, die Demokratie stärkt und hilft das Klima zu schützen. Wir werden ein Recht auf Open Data schaffen und ein Transparenzgesetz: Bei öffentlichen Dienstleistungen und Verwaltungen anfallende Daten müssen anonymisiert kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. Das gilt gleichermaßen für alle privaten Anbieter öffentlicher Leistungen. Auch die Ergebnisse öffentlich geförderter Forschung müssen kostenfrei öffentlich zugänglich sein (Open Access). Die EU-Gesetze über Künstliche Intelligenz und über Digitale Dienste (Digital Service Act) müssen zügig in nationales Recht umgesetzt und perspektivisch weiterentwickelt werden.

Wolfram Axthelm: Welche Maßnahmen muss die nächste Bundesregierung ergreifen, um die Cybersicherheit in der Kritischen Infrastruktur zu gewährleisten?

Peters: Wir setzen auf ein Maßnahmenbündel, um den Schutz von kritischer Infrastruktur zu gewährleisten, u.a.: Kriminalpolizei muss in die Lage versetzt werden, mit der dynamischen Entwicklung bei Cyber-Attacken Schritt zu halten. Wir wollen IT-Sicherheitsforschung entkriminalisieren, Sicherheitslücken ausnahmslos schließen und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik unabhängiger machen.

Axthelm: Welche Maßnahmen wollen die Parteien ergreifen, um den  Industriestandort Deutschland mit Blick auf die Erneuerbaren Energien zu sichern?

Peters: Die Linke will schnellstmöglich auf erneuerbare Energie umsteigen. Die Linke kritisiert scharf, dass die vergangenen Bundesregierungen zugeschaut haben, wie massenhaft Industriearbeitsplätze in Zukunftsbranchen, wie der Solar- oder Windkraftindustrie, vernichtet wurden. Es wurde zugelassen, dass wir hier in fast allen Bereichen auf Importe angewiesen sind. Wir setzen auf eine aktive Industriepolitik und regionalere Wirtschaftskreisläufe, wo dies möglich ist. So wollen wir auch den Industriestandort mit Blick auf die Erneuerbaren Energien stabilisieren und stärken.

Marie-Theres Husken (BVMW): Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um den Dreiklang aus Energiewende, Versorgungssicherheit und wettbewerbsfähigen Energiekosten zu bewältigen?

Peters: Die Linke will schnellstmöglich auf erneuerbare Energie umsteigen. Wir wollen ihre Erzeugung und Verteilung so dezentral wie möglich und so zentral wie nötig organisieren. Dafür fordern wir eine neue Netzentgeltstruktur. Die Stromerzeuger und der internationale Stromhandel müssen an den Kosten des Stromtransports beteiligt werden, Strom soll so möglichst erzeugungsnah eingesetzt werden, auch damit zukünftiger Netzausbau reduziert wird. Wir setzen deshalb auf Strom und Wärme aus dem Stadtwerk, den kommunalen genossenschaftlichen Solar- oder Windkraftanlagen und von den Dächern und Wärmepumpen der Bürgerinnen und Bürger. 

Langzeit-Energiespeicher für die Dunkelflaute wollen wir an strategisch günstigen Orten in das bestehende Stromnetz integrieren, so dass der Netzausbau minimiert werden kann. Wir wollen Mittel bereitstellen für eine Anschubfinanzierung für neue Batterietechnologien und Energiespeicher. Die Herstellung und den Transport von Wasserstoff wollen wir nur in Fällen fördern, wo sie erwiesenermaßen notwendig ist und es keine praktikablen Alternativen gibt, etwa für Langzeit-Energiespeicher oder als Grundstoff für die chemische Industrie.

Mit der Hilfe von Klimaschutzverträgen wollen wir klimafreundliche Technologie bei der Um- und Ausrüstung von Produktionsanlagen fördern. Wir stellen Mittel bereit, um die energieintensive Industrie in Notlagen zeitweise beim Industriestrompreis zu unterstützen. Das Merit-Order-Prinzip in seiner gegenwärtigen Wirkungsweise lehnen wir ab. Wir fordern die Senkung der Stromsteuer auf den europäischen Mindeststeuersatz.

Bundestagswahl: Portrait des Pressesprechers der Partei "Die Linke" Lars Peters.

Lars Peters

ist seit Januar 2024 Pressesprecher der Partei Die Linke und war zuvor freiberuflicher Mediengestalter