Aktuelle Studien belegen eine vergleichsweise geringe Arbeitgeberloyalität unter jungen Berufstätigen. Umso wichtiger wird es als Unternehmen, eine attraktive Arbeitsumgebung zu schaffen. Dabei spielen nicht nur finanzielle Anreize eine Rolle, sondern auch persönliche Entwicklungsmöglichkeiten und soziale Verantwortung. Im folgenden Interview zeigt Valentin Haas auf, was die Generation Z von vorherigen Generationen unterscheidet. Außerdem erklärt er, wie Unternehmen die jungen Arbeitnehmenden effektiv ansprechen und langfristig an sich binden können.
Erwartungen an den Arbeitsmarkt
Wie Arbeitgebende die Generation Z für sich gewinnen können
Mit dem Eintritt der Generation Z in die Arbeitswelt sehen sich Unternehmen einer neuen Herausforderung gegenüber. Das neue Mindset der jungen Talente unterscheidet sich grundlegend von dem früherer Generationen. "Geprägt von einem Bedürfnis nach Freiheit und Selbstverwirklichung, verlangen junge Arbeitnehmende nach ganz neuen Bedingungen am Arbeitsplatz", erklärt Diplom-Psychologe Valentin Haas. Das stellt Arbeitgebende vor die Herausforderung, ihre Strategien anzupassen.

14.02.2024

Valentin Haas
ist approbierter psychologischer Psychotherapeut und Business-Coach und hat einen Ansatz entwickelt, der sich auf die Resilienz von Unternehmenden, Managerinnen und Managern und Selbständigen spezialisiert
Wie unterscheiden sich die Arbeitspräferenzen der Generation Z von früheren Generationen, insbesondere im Hinblick auf ihre berufliche Entwicklung?
Valentin Haas: Die Generation Z zeichnet sich durch Arbeitspräferenzen aus, die sich deutlich von früheren Generationen unterscheiden. Im digitalen Zeitalter aufgewachsen, legen sie großen Wert auf digitale Arbeitsweisen und technologische Ausstattung. Im Gegensatz zur Karriereorientierung ihrer Vorgänger rücken sie das Gleichgewicht zwischen Beruf und Privatleben in den Mittelpunkt. Außerdem suchen Mitarbeitende der Gen Z nicht nur nach finanzieller Entlohnung, sondern wünschen sich vor allem eine sinnstiftende Arbeit. Hinzu kommt die Präferenz für flexible Arbeitsmodelle, wie Homeoffice und variable Arbeitszeiten, die eine individuellere Gestaltung des Berufsalltags ermöglichen. Ein weiteres Merkmal ist das Streben nach schnellem Aufstieg und kontinuierlicher Weiterentwicklung.
Welche psychologischen Aspekte sind entscheidend, um eine positive Arbeitsumgebung zu schaffen, und mit welcher Einstellung sollten Führungskräfte der Generation entgegentreten?
Haas: Die aktuellen Trends und Forschungsergebnisse im Bereich der Arbeitspsychologie und Generationenforschung zeigen, dass die Schaffung einer positiven Arbeitsumgebung ein vielschichtiges Unterfangen ist. Es umfasst Flexibilität, Technologieintegration, emotionale Intelligenz, Nachhaltigkeit und ein starkes Gemeinschaftsgefühl. In der heutigen Arbeitswelt stehen Unternehmen vor der Herausforderung rascher Veränderungen und dem Eintritt neuer Generationen am Arbeitsplatz. Es gilt, die Bedürfnisse und Erwartungen der Generation Z zu verstehen und zu erfüllen. Die Generation Z, die in einer digital vernetzten und schnelllebigen Welt aufgewachsen ist, bringt einzigartige psychologische Bedürfnisse und Erwartungen an den Arbeitsplatz mit. Dazu zählen Individualisierung und digitale Kompetenz. Für Unternehmen bedeutet das, einen personalisierten Ansatz in der Mitarbeiterführung zu verfolgen. Eng damit verbunden ist eine hohe Erwartung an Führungskräfte und Unternehmen, ein Verständnis für digitale Tools und Ressourcen zu haben und diese auch tatsächlich zu nutzen. Weitere psychologische Bedürfnisse sind ein sinnstiftender Arbeitsplatz und eine offene Feedbackkultur. Arbeitgebende sollten deshalb transparent kommunizieren, inwiefern die individuelle Arbeit zum Gesamterfolg des Unternehmens beiträgt. Wichtig ist in diesem Zuge auch, Mitarbeitenden jederzeit die Möglichkeit zum Feedback zu geben. Ebenso wie die jungen Berufstätigen gerne offen ihre Meinung sagen, möchten sie außerdem gern mit in Entscheidungsprozesse eingebunden werden. Solch ein kooperativer und partizipativer Führungsstil kann ein ausschlaggebendes Kriterium für junge Mitarbeitende sein. Das wachsende Bewusstsein für psychische Gesundheit ist ein weiteres prägendes Merkmal dieser Generation. Arbeitgebende müssen in diesem Bereich Ressourcen und Unterstützung anbieten. Zudem ist die Schaffung einer inklusiven Arbeitsumgebung, die Vielfalt fördert und wertschätzt, für die Generation Z von großer Bedeutung.
Gibt es weitere psychologische Aspekte, die Unternehmen heutzutage berücksichtigen sollten?
Haas: Als Arbeitgebender sollte man dem Wunsch der Generation Z nach kontinuierlicher Bildung und Entwicklungsmöglichkeiten nachkommen. Je mehr Möglichkeiten ihnen geboten werden, desto länger bindet man sie an sich. Im Gegensatz zur klassischen Work-Life-Balance fokussiert sich diese Generation stärker auf eine nahtlose Integration von Beruf und Privatleben. Dies erfordert flexible Arbeitsmodelle und die Anerkennung privater Verpflichtungen. Außerdem ist die emotionale Intelligenz und Empathiefähigkeit von Führungskräften entscheidend, um eine Verbindung zur Generation Z aufzubauen und ihre Bedürfnisse zu verstehen. Trotz ihres Wunsches nach Flexibilität und Veränderung suchen Mitglieder der Generation Z auch nach Sicherheit und Stabilität im Beruf, was durch klare Karrierewege und Arbeitsplatzsicherheit unterstützt werden kann.
Wie wichtig ist das Employer Branding, um das Interesse der Generation Z zu wecken, und welche Elemente können Unternehmen in ihrer Arbeitgebermarke betonen, um diese Zielgruppe anzusprechen?
Haas: Beim Employer-Branding geht es darum, über unterschiedliche Maßnahmen eine starke Arbeitgebermarke aufzubauen, die ein Unternehmen von der Konkurrenz abhebt. Dem Employer-Branding kommt demnach eine große Rolle zu. Entscheidend ist im Zuge des Employer-Brandings, dass Unternehmen die folgenden Punkte deutlich kommunizieren: Sie sollten betonen, dass sie Wert auf digitale Kompetenz legen und offen für technologische Innovationen sind. Ebenso Flexibilität, zum Beispiel in Form von Homeoffice, flexiblen Arbeitszeiten oder einer 4-Tage-Woche, sollte im Rahmen des Employer Brandings seinen Platz finden. Wer sich sozial und ökologisch einsetzt und sich zusätzlich für Diversität und Inklusion einsetzt, sollte dies auch erkenntlich machen. Je deutlicher außerdem die Lernmöglichkeiten und Karriereentwicklungspfade in der Arbeitgebermarke kommuniziert werden, desto besser lassen sich junge Arbeitnehmer überzeugen. Für eine effektive Ansprache der Generation Z ist es entscheidend, dass diese Elemente authentisch und konsistent in der Employer Branding-Strategie integriert sind.
Welche Rolle spielen Benefits wie flexible Arbeitszeiten, Homeoffice und soziale Verantwortung für Unternehmen, die die Generation Z als Mitarbeitende gewinnen möchten, und wie können solche Benefits wirksam gestaltet werden?
Haas: Alle genannten Benefits spielen für die Generation Z eine sehr wichtige Rolle. Sie sind sogar in vielen Fällen ausschlaggebend dafür, ob ein junger Arbeitnehmender den Job antritt oder nicht. Hinter allen Aspekten steckt dabei weit mehr, als es oberflächlich erscheint. Flexible Arbeitszeiten symbolisieren Anerkennung individueller Lebensumstände. Sie fördern Autonomie und das Kontrollgefühl und sind somit der Schlüssel zu einer produktiven und zufriedenen Generation Z. Die Möglichkeit zur Heimarbeit wiederum setzt ein Zeichen des Vertrauens vom Arbeitgebenden, sie fördert das Verantwortungsbewusstsein, unterstützt die Work-Life-Integration und trägt einen wichtigen Beitrag zur psychischen Gesundheit. Unternehmende, die soziale und ökologische Verantwortung übernehmen, können außerdem eine emotionale Verbindung zu ihren Mitarbeitern aufbauen und sie auf persönlicher und werteorientierter Ebene ansprechen. Wichtig ist für Arbeitgebende, die Benefits transparent zu kommunizieren und auch hier wieder Mitarbeitende einzubeziehen. Dieser partizipative Ansatz stärkt das Gefühl von Wertschätzung und Respekt und fördert eine positive Unternehmenskultur, in der sich Mitarbeitende der Gen Z wohl fühlen.
Welche strategischen Ansätze können Unternehmen verfolgen, um langfristig Talente der Generation Z an sich zu binden?
Haas: Um Talente der Generation Z langfristig zu binden, können Unternehmen verschiedene strategische Ansätze verfolgen. Eine Schlüsselrolle spielen Karriere- und Entwicklungspläne, die klare Perspektiven und Wachstumsmöglichkeiten aufzeigen. Ebenso wichtig ist die Unternehmenskultur: Eine Kultur, die die Werte der Generation Z reflektiert, sorgt dafür, dass sich die Mitarbeitende mit dem Unternehmen identifizieren. Coaching und individuelle Fördermaßnahmen können dabei die persönliche und berufliche Entwicklung unterstützen, während die Einbindung in Entscheidungsprozesse und Mitgestaltungsmöglichkeiten das Gefühl der Partizipation stärkt. Nicht zu unterschätzen ist zudem die Bedeutung von Nachhaltigkeit und sozialer Verantwortung – Unternehmen, die sich hier engagieren, kommen den Erwartungen der Generation Z an ein umweltbewusstes und gesellschaftlich verantwortungsvolles Handeln entgegen.

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