Die Begeisterung für den neuen Thermomix 7 ist weiterhin groß. Trotzdem – oder gerade deshalb – beschäftigt sich Thomas Stoffmehl, Sprecher des Vorstands bei Vorwerk, bereits mit dem Strategiepapier 2030. „Natürlich haben wir einen Plan“, sagt er. „Aber der Plan ist eben nur der Plan.“ In einer Welt, in der sich auch dank Künstlicher Intelligenz Märkte schneller drehen als Budgetzyklen, sei operative Flexibilität wichtiger als jeder Forecast.
Mutige Entscheidung:
Expansion nach Asien
Seit sechs Jahren führt Stoffmehl das Familienunternehmen aus Wuppertal mit klarem Kurs: strategisch vorausschauen, operativ anpassen. So steigerte Vorwerk die Zahl der Beraterinnen und Berater in nur einer Strategieperiode von 50.000 auf 100.000 – mit dem Ziel, bis 2030 auf 150.000 zu wachsen. Neue Märkte wurden erschlossen, allein in Asien acht Länder gleichzeitig. China? Nach Rückschlägen durch die Corona-Lockdowns eröffnete Vorwerk dort in diesem Jahr über 100 eigene Stores – binnen weniger Monate. Eine mutige Entscheidung.
Doch woher kommt diese Haltung? Stoffmehl bleibt nicht im Abstrakten. Führung beginne mit dem, was man zulässt – und mit dem, was man einfordert. Er sagt: „Menschen folgen Menschen. Wenn das an der Spitze nicht gelebt wird, helfen auch keine Programme.“ Für den Vorwerk-Chef bedeutet Mut in der Organisation vor allem eines: Verantwortung an Mitarbeitende zu übertragen – und auszuhalten, dass dabei Fehler passieren. Er lehnt die deutsche Fehlervermeidungskultur entschieden ab. „Wenn jemand morgens ins Büro kommt mit dem Ziel, keinen Fehler zu machen, dann wird auch nichts passieren“, so Stoffmehl und unterstreicht: „Innovationsfähigkeit braucht Widerspruch. Und den Mut, Dinge zu sagen, bevor sie abgestimmt sind.“
Mitarbeitende sollen Teil der Lösung sein
Entscheidend sei, dass Unternehmen Menschen in Verantwortung bringen – mit Mandat und Kompetenz. „Ich suche keine Leute, die mir Probleme beschreiben. Ich suche Menschen, die Teil der Lösung werden wollen.“ Diese Haltung spiegelt sich auch in der internen Kommunikation. Vorwerk hat klassische Formate abgeschafft und durch globale Townhalls ersetzt, in denen die Belegschaft den Vorstand direkt befragen kann – ohne Agenda, ohne Zensur. Führung heißt für Stoffmehl: präsent sein, kommunizieren, zuhören. „Wenn ich nicht 50 Prozent meiner Zeit für Kommunikation verwende, mache ich meinen Job nicht.“
Virtualität? Ist für ihn kein Ersatz für Unternehmenskultur. „Wer glaubt, Teams ließen sich ausschließlich virtuell führen, wird scheitern. Begegnung ist nicht verhandelbar.“ Sein Rat an Menschen, die mutiger handeln wollen: nicht warten, nicht theoretisieren. „Einfach mal ein Projekt starten, eine Idee äußern, ein Feedback geben. Zehn von zehn werden merken, dass etwas passiert. Und dass sie mehr können, als sie glauben.“ Und das gilt vor allem in Zeiten, in denen Künstliche Intelligenz alle Lebensbereiche revolutioniert.


