Die Dimension ist gewaltig: Laut einer KfW-Studie von 2025 planen bis 2028 jedes Jahr rund 106.000 Inhaberinnen und Inhaber kleinerer und mittelgroßer Unternehmen in Deutschland ihre Nachfolge. Für einen konsistenten Übergang fehlt es dennoch vielen Betrieben an Struktur, Klarheit – und nicht zuletzt auch am finalen Mut dafür. Oftmals lähmen Unsicherheit, emotionale Überforderung und die Angst vor Fehlentscheidungen den frühzeitigen Schritt zur organisierten Übergabe.
Aus meiner Beratungspraxis kenne ich viele solcher Fälle. Ein Beispiel: Ein Maschinenbauunternehmen geriet mit grundsolidem Geschäftsmodell in Finanzierungsschwierigkeiten. Der Inhaber ist weit über 60 Jahre alt – trotzdem hat er eine Nachfolgelösung nie konkret geplant. Dabei hängt wie so oft im Mittelstand vieles vom Chef oder der Chefin selbst ab, insbesondere das Wissen um Schlüsselkunden. Für nötige Investitionen war das Unternehmen auf Fremdkapital angewiesen. Doch die Finanzierungspartner machten die fehlende Nachfolgeregelung schnell zum Problem: Sie erschwerten die Kreditvergabe, erhöhten die Risikoaufschläge und verlangten mehr Sicherheiten. Am Ende scheiterte die Finanzierung und der Unternehmer musste auf private Mittel zurückgreifen.
Das zeigt: Wer seine Nachfolge zu spät angeht, riskiert nicht nur sein Lebenswerk, sondern auch die Zukunft des gesamten Unternehmens. Diese drei Modelle helfen, frühzeitig Klarheit in den eigenen Reihen zu schaffen.
1. Zukunftscheck: Transparenz für alle Optionen schaffen
Am Anfang steht eine objektive Bestandsaufnahme – mit wichtigen Fragen: Wie steht das Unternehmen wirtschaftlich da? Welche strategischen Szenarien sind denkbar? Für eine ehrliche Standortbestimmung sind zu diesem Zeitpunkt auch Instrumente wie Planrechnungen oder Markt- und Optionsanalysen sinnvoll, ehe im Anschluss drei Wege realistisch gegeneinander abgewogen werden sollten:
- Status quo beibehalten: Klingt komfortabel – ist aber gefährlich. Ohne aktive Weichenstellung droht auf lange Sicht eine schleichende Wertvernichtung.
- Transformation mit Nachfolgeplanung: Ziel dieses Königswegs ist es, ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell zu etablieren, das schrittweise die Abhängigkeit vom Inhabenden reduziert – und so mittelfristig die Nachfolge einleitet.
- Unternehmensverkauf: Für viele eine echte Option – vorausgesetzt, der Prozess ist professionell vorbereitet, um Transaktionswahrscheinlichkeit und Kaufpreis zu maximieren.
Wichtig: Unternehmer sollten ihre Situation mit professioneller Begleitung und emotionalem Abstand analysieren. Wer zu spät handelt, dem gleitet der Transformationsprozess aus den Händen, ehe endgültig die Entscheidungsgewalt verloren geht. Wenn Banken zum Beispiel bei über 70-jährigen Eigentümern keine Kredite mehr vergeben, drohen Notverkäufe oder Zwangslösungen.
2. Transformation & Nachfolge: Prozess mit Perspektive
In vielen Familienunternehmen zeigt sich heute: Die nächste Generation will oder kann nicht übernehmen. Entscheidend ist deshalb, die Nachfolge als unternehmerischen Prozess zu begreifen, der gleichzeitig die verschiedenen Interessen der Stakeholder berücksichtigt – mit klaren Etappen, Rollen und Zielbildern.
- Familieninterne Nachfolgen: Wenn gewünscht, sollten potenzielle Kandidaten frühzeitig identifiziert und vorbereitet werden.
- Offen für Alternativen? Dann können externe Geschäftsführer, ein strategisch begleitender Beirat oder Interimsmodelle sinnvolle Optionen sein.
- In jedem Fall gilt: Der Prozess braucht Struktur. Dabei hilft professionelles Nachfolgecoaching, emotionale Blockaden zu lösen, tragfähige Lösungen zu entwickeln und klare Entscheidungswege zu definieren – und Sicherheit für alle Beteiligten zu schaffen.
3. Exitstrategie: Nicht verkaufen müssen – sondern verkaufen wollen!
Wenn sich keine zukunftsfähige Nachfolge abzeichnet, brauchen Unternehmer eine Exitstrategie. Auch sie sollte frühzeitig mitgedacht werden – als aktiv gestaltete Option, nicht als Notlösung im Krisenfall. Entscheidend sind dabei:
- Die Wahl des passenden Käufers: Management-Buy-out (MBO), Management-Buy-in (MBI), strategischer Partner oder Private Equity?
- Eine diskrete Vorbereitung, um Belegschaft, Geschäftspartner und Markt nicht zu verunsichern – und passgenaue Kommunikation nach der Entscheidung.
- Der richtige Zeitpunkt, um nicht unter Verkaufsdruck zu geraten.
Ein Unternehmensverkauf sollte nie ein Akt der Verzweiflung sein, sondern ein selbstbestimmter, strategisch gesteuerter Schritt. Eine externe Begleitung setzt der emotionalen Verstrickung innerhalb des Unternehmens eine analytische Objektivität entgegen und hilft zudem, Risiken realistisch einzuschätzen sowie den Verkaufsprozess professionell zu strukturieren.
Nachfolge ist kein Ereignis – sondern ein Prozess
Meine Erfahrung hat immer wieder gezeigt: Eine erfolgreiche Nachfolge umfasst mehrere Dimensionen. Sie ist kein singuläres Ereignis, sondern ein strategischer Prozess. Unternehmer sollten rechtzeitig beginnen, Standort, Perspektiven und Alternativen ehrlich zu analysieren, um entscheidungsfähig zu bleiben – auch in schwierigen Zeiten. Denn: Den perfekten Übergabezeitpunkt gibt es selten. Doch der schlechteste kommt sicher, wenn nichts vorbereitet ist.
Noch mehr Insights
Wer eine Unternehmensnachfolge plant und mehr zum strategischen Umgang mit Übergabe, Transformation und Verkauf lesen möchte, findet hier weitere Informationen.

