Nach dem Wechsel in der Führungsebene im Wort & Bild Verlag folgten neben neuen Strukturen auch digitale Strategien, wie mobiles Arbeiten und die Integration moderner Technologien. Doch die familiären Traditionen, die Gründer Rolf Becker in 60 Jahren Führung integriert hat, sollten bewahrt bleiben. Im Interview erklärt Andreas Arntzen, wie dieser Drahtseilakt gelingt und wie die Balance zwischen Tradition und Moderne erhalten bleibt.
Familienunternehmen
Von Traditionen und New Work im Wort & Bild Verlag
Vor gut acht Jahren hat Andreas Arntzen die Verantwortung für Deutschlands reichweitenstärkstes Printmedium übernommen. Nein, die Rede ist nicht von einer Boulevardzeitung, sondern von der „Apotheken Umschau“.

21.10.2024

Andreas Arntzen
ist CEO beim Wort & Bild Verlag. Zuvor war er unter anderem Manager bei der Handelsblatt Media Group
DUP UNTERNEHMER-Magazin: Sie leiten inzwischen seit acht Jahren den Wort & Bild Verlag. Was gefällt Ihnen besonders gut?
Andreas Arntzen: Ich finde das Thema Gesundheit spannend und arbeite mit großartigen Kolleginnen und Kollegen zusammen. Mir macht mein Job Spaß, denn der Markt ist im Umbruch, und das Thema Digitalisierung kommt nun auch im Gesundheitswesen an. Daran teilzuhaben und Gutes zu tun macht mir viel Freude.
Gab es insbesondere am Anfang Ihrer Tätigkeit Hürden in Bezug auf digitale Prozesse und alteingesessene Traditionen?
Arntzen: Ja, selbstverständlich. Ich bin nicht der klassische Medienmanager, der nur eine Gattung betreut hat. Ich war für 16 Radiosender zuständig, habe TV-Produktionen gemacht und noch vieles mehr
im digitalen Bereich. Als ich dann ins beschauliche Baierbrunn in Bayern kam, musste ich mich erst mal einfinden, das Eis der Traditionen aufbrechen und das digitale Arbeiten etablieren.
Wie sind Sie vorgegangen?
Arntzen: Zunächst wollte ich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für mich gewinnen. Es gibt in der Regel drei Arten, wie Beschäftigte auf Neues reagieren: Etwa die einen, die einen Wechsel in der Führungsebene absolut spannend finden und begrüßen. Einen zweiten Teil, der erst mal indifferent ist und kritisch abwartet. Und einen Teil von Mitarbeitenden, die gegen jede Form von Veränderung sind. Seien es personelle, kulturelle oder wirtschaftliche Neuerungen. Es gilt, mit der ersten Gruppe die zweite Gruppe zu überzeugen. Die dritte Gruppe wird es immer geben. Man sollte nur darauf achten, dass sie möglichst klein ist. Dazu sind Erfolge und Etappensiege notwendig. So werden das Wir-Gefühl und die Stimmung im Unternehmen gefördert und gestärkt. Das hat im Wort & Bild Verlag gut funktioniert, war aber nicht immer leicht.
Welche Traditionen möchten Sie beibehalten?
Arntzen: Als Manager ist es meine Aufgabe, Traditionen und Werte zu erhalten, Neues einzuführen und dem Ganzen eine persönliche Note zu geben. Wenn man als Führungskraft in ein Unternehmen kommt und seine eigene Linie gnadenlos durchziehen möchte, wird dieses Vorhaben nicht funktionieren. Durch die langjährige Führung von Rolf Becker sind viele Werte und Traditionen entstanden. Diese betreffen vor allem das persönliche Miteinander, denn der Verlag ist ein Familienunternehmen. Das heißt, wir kümmern uns um die einzelnen Personen und übernehmen Verantwortung. Da wir ein Gesundheitsverlag sind, fühlen wir uns der Gesundheit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vermutlich noch stärker verpflichtet, als das in anderen Unternehmen der Fall ist. Das liegt auch daran, dass wir viel sensibler mit dem Thema Gesundheit umgehen können. Außerdem haben wir Ärztinnen und Ärzte sowie Pharmazeutinnen und Pharmazeuten bei uns im Verlag. Dadurch profitieren wir von einem profunden Wissen, was Gesundheitsthemen anbelangt. Und das gilt es zu nutzen, damit es unseren Mitarbeitenden gut geht. Solche Dinge möchte ich bewahren, während auf der anderen Seite immer Neues dazukommt.
Gerade Familienunternehmen sind oft von Traditionen geprägt. Wie stehen Sie dazu?
Arntzen: Traditionen sind erst mal etwas Positives, denn man blickt auf eine Historie zurück, die von positiven und negativen Ereignissen geprägt ist. Von dieser Historie die positiven Aspekte herauszunehmen und diese zu bewahren ist eine ganz tolle Sache. Rolf Becker war beispielsweise weit über das normale Maß für seine Mitarbeitenden da. Das versuche ich weiter fortzuführen. Also überlege ich in vielen Situationen, wie er im Sinne der Mitarbeitenden und des Unternehmens entschieden hätte. Diese Überlegungen versuche ich auch in meine Entscheidungen einfließen zu lassen. Es geht also darum, das Gute zu bewahren und zeitgleich offen für Veränderung zu sein, um zeitgemäß aufgestellt zu sein.
Spielt New Work eine Rolle im Wort & Bild Verlag?
Arntzen: Auch dieses Thema ist bei uns im Verlag angekommen. Früher haben unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ganz klassisch an fünf Tagen pro Woche vor Ort im Büro gearbeitet. Doch das ist inzwischen kein zeitgemäßes Arbeitszeitmodell mehr. Natürlich mussten sich im Zuge unserer Modernisierungen auch die Räumlichkeiten, die digitalen Möglichkeiten und die Bürostrukturen verändern. Gleichzeitig wurden die Betriebsvereinbarungen zum mobilen Arbeiten angepasst, da sich die Zeiten verändert haben und wir das digitale Arbeiten fördern. Ich selbst arbeite ebenfalls regelmäßig mobil, da ich in Hamburg wohne und in unregelmäßigen Abständen nach Baierbrunn pendele.
Nutzen Sie im Verlag Künstliche Intelligenz im Arbeitsalltag?
Arntzen: Wir führen seit etwa eineinhalb Jahren eine intensive Diskussion über Künstliche Intelligenz. Das löst bei manchen Mitarbeitenden Neugierde und die Motivation aus, sich damit zu beschäftigen. Andere sind wiederum skeptisch oder finden die Technologie ganz fürchterlich. Das ist ganz normal und menschlich. Diese Reaktionen akzeptieren und respektieren wir auch. An dieser Stelle ist es wichtig, den Austausch mit den Mitarbeitenden zu suchen und das Thema gezielt zu vermitteln.
Wie machen Sie das?
Arntzen: Ich versuche, allen die Möglichkeit zu geben, Künstliche Intelligenz in ihren Arbeitsalltag zu integrieren und sich beispielsweise in dem Bereich weiterzubilden. Außerdem möchten wir eine offene Kultur schaffen und unsere Beschäftigten motivieren, sich mit unvorhersehbaren Dingen offen auseinanderzusetzen. Denn unsere Zukunft ist jetzt schon davon geprägt, und das wird immer mehr zunehmen. Der technologische Fortschritt, der ja auch Möglichkeiten und Veränderungen sehr stark bestimmt, ist nicht die einzige Triebfeder, aber eine wesentliche. Dieser Fortschritt ist exponentiell, und wir sehen ja, was im Bereich der KI-Anwendungen innerhalb von wenigen Monaten passieren kann. Ich bin davon überzeugt, dass diese Themen weiterhin an Fahrt aufnehmen werden. Dafür möchte ich stets offen sein. Wer sich mit KI und anderen neuen Technologien nicht auseinandersetzen möchte, wird früher oder später durch Personen ersetzt, die willens sind, das zu tun und diese zu nutzen. Ob ich das gut finde oder nicht, ist nicht relevant, da ich die Entwicklung nicht aufhalten kann. Also muss ich mich damit beschäftigen.

Redakteurin
Das könnte Sie auch interessieren
DUP Magazin Newsfeed
Hybride Meetings effizient gestalten: Bessere Kommunikation durch Technik & Struktur
3/13/2025
Hybride Meeting-Modelle, die Präsenz- und Online-Teilnahme kombinieren, prägen zunehmend den Arbeitsalltag. Sie ermöglichen mehr Flexibilität, bringen aber gleichzeitig auch Herausforderungen mit sich. Besonders die Kommunikation leidet, wenn virtuelle und physisch Teilnehmende nicht eine gleichwertige Einbindung erhalten.
management
DUP Magazin Newsfeed
Footsteps 2025: Das Festival für erfolgreiche Unternehmensnachfolge
3/6/2025
Ein Business-Event gezielt
für Unternehmerinnen und Unternehmer,
die abgeben wollen – und die, die
übernehmen sollen. Und: ein Interview
mit Initiatorin, Möbelhaus-CEO und
Nachfolgerin Lena Schaumann.
management
DUP Magazin Newsfeed
„New Work ist keine Modeerscheinung, sondern eine notwendige Transformation“
2/28/2025
In unserem Interview-Format „Hype oder Revolution? New Work im Expertencheck“ fragen wir regelmäßig hochkarätige HR-Expertinnen oder Experten zu den aktuellen Entwicklungen in der Personalentwicklung und -gewinnung. Eine davon ist Laura Bornmann. Sie ist HR-Expertin, Hochschulrätin und Beirätin sowie Leadership Coach.
management
DUP Magazin Newsfeed
Erbschaftsteuer: So sollten sich Familienunternehmen vorbereiten
2/6/2025
Familienunternehmen genießen bei der Erbschaftsteuer Privilegien. Wie der sogenannte Vorwegabschlag die Steuerlast mindern und wer davon profitieren kann, erklärt Steuerrechtsexperte Prof. Dr. Florian Haase von der Kanzlei Rödl & Partner in seiner „Steuer-Tipp“-Kolumne.
finanzen