Medienhaus im Umbruch

Diversifizierung, Digitalisierung und nachhaltiges Wirtschaften

Erst war es die Coronapandemie, jetzt machen den Medienhäusern und Verlagen explodierende Energiekosten und Papierpreise zu schaffen – auch dem Unternehmen Oberpfalz Medien. Johannes Zettl, Kaufmännischer Leiter, erklärt, warum es gerade jetzt auf Diversifizierung, Digitalisierung, eine moderne Arbeitskultur und nachhaltiges Wirtschaften ankommt.

21.09.2022

Johannes Zettl

ist seit April 2021 Kaufmännischer Leiter von Oberpfalz Medien. Zuvor war er unter anderem als Senior Manager Controlling und Head of Financial Accounting bei Sixt Leasing SE tätig

Wie ist Ihr Unternehmen durch die Coronakrise gekommen?

Johannes Zettl: Trotz eines mehr und mehr diversifizierten Geschäftsmodells von Oberpfalz Medien liegt der Hauptanteil sowohl an Umsatz als auch an Gewinn noch immer im Bereich der gedruckten Zeitung – inklusive der Werbung sowie der gedruckten Beilagen. War im Rahmen der Corona-Pandemie tendenziell eher ein Zuwachs an Abonnenten zu verzeichnen, nahm der Anteil der Werbe- und Beilagenkunden im Lockdown signifikant ab. Dank unseres engagierten Teams und unseren bereits vor Corona implementierten agilen Arbeitsstrukturen konnten wir in sehr kurzer Zeit alternative Angebote und Formate etablieren. So wurde eine sehr erfolgreiche digitale Messe förmlich aus dem Boden gestampft, die zu unserer großen Freude von den Kunden gut angenommen wurde.

Haben Ihre Geschäfte das Vorkrisenniveau schon wieder erreicht?

Zettl: Aktuell befindet sich unser B2B-Geschäft mehr oder weniger auf Vorkrisenniveau. Im Bereich B2C bemerken wir, dass viele Abonnenten sensibel geworden sind, wenn es um die Ausgabenseite geht. Stichwort Inflation! Dieses Verhalten hat einen überproportionalen Abonnenten-Rückgang beim Printprodukt zur Folge. Erfreulicherweise kann dieser durch unser Wachstum im Bereich digitaler Produkte kompensiert werden. Echte Herausforderungen stellen in unserer Branche die explodierenden Preise in den Bereichen Papier und Energie sowie die Erhöhung des Mindestlohns dar.

Welches Learning ziehen Sie aus der schwierigen Situation?

Zettl: Bestärkt hat uns die Coronakrise in unseren strategischen Stoßrichtungen: Diversifizierung, Digitalisierung, moderne Arbeitskultur und nachhaltiges Wirtschaften.

Was ist das Erfolgsrezept für Ihr Business?

Zettl: Wir werden weiter organisch und anorganisch an unserer Diversifizierung arbeiten, ohne dabei unsere erfolgreichen Wurzeln zu vernachlässigen. Eine gut etablierte Arbeitgebermarke, finanzielle Unabhängigkeit sowie klare strategische Kernaussagen sind die Basis und Leitplanken.

Wie fördern Sie eine innovative Arbeitskultur in Ihrem Unternehmen?

Zettl: Unser Unternehmen hat viele Mitarbeitende mit langjährigen Betriebszugehörigkeiten, was eine positive Wirkung auf unsere nachhaltige Unternehmenskultur ausübt. Gleichzeitig sind wir aufgrund unserer Veränderungen hin zu einem digitalaffinen und diversifizierten Medienhaus auch attraktiv für neue, jüngere und sehr motivierte Kolleginnen und Kollegen geworden. Die Oberpfalz Medien werden als attraktiver Arbeitgeber in der Region wahrgenommen. Gerade investieren wir sehr stark in unsere Führungskräfteentwicklung und die Weiterentwicklung unserer Unternehmenskultur. All unsere Corporate Values zahlen darauf ein, auch zukünftig ein innovatives, dynamisches und erfolgreiches Unternehmen zu sein, mit dem man sich gerne identifiziert – und bei dem man gerne und mit Stolz tätig ist. Gleichzeitig haben wir eine neue Stelle geschaffen, die sich ausschließlich mit dem Thema Organisationsentwicklung in Verbindung mit strukturiertem Innovationsmanagement beschäftigt. Hier konnten wir eine sehr erfahrene Frau aus der Region gewinnen und wir freuen uns schon auf Ihren Einstieg zum Ende des Jahres.

Was ist die größte Stärke der Company, was eine Schwäche?

Zettl: Neben unseren engagierten Mitarbeitenden ist die größte Stärke und unser USP, dass wir mit fast allen Menschen und Unternehmen in unserem Verbreitungsgebiet in Kontakt sind. Gleichzeitig ergibt sich daraus auch eine Schwäche: Aktuell nutzen wir unsere Beziehungen noch nicht ausreichend, um daraus – über die Zeitung hinaus – ein innovatives Geschäftsmodell zu formen. Aber wir arbeiten daran!

Was tun Sie, um den digitalen Anschluss nicht zu verpassen?

Zettl: In allen Unternehmensbereichen versuchen wir Mitarbeitende dazu zu motivieren, sich zu vernetzen und an überregionalen Innovations- und Branchenveranstaltungen teilzunehmen. Unser Anliegen ist es, dadurch alle relevanten Entwicklungen frühzeitig zu erkennen. In der Folge gilt es dann, gemeinsam abzuwägen, ob und wann sich eine Investition in eine Innovation lohnt. Derzeit stellen wir fest, dass gerade für unsere Diversifizierungsstrategie branchenfremdes Know-how ein wichtiger Faktor ist. Gleichzeitig haben wir in den vergangenen Jahren konstant Budget für IT-Infrastruktur-Projekte bereitgestellt und sinnvoll verwendet. Dadurch sind wir weit entfernt von einem Investitionsstau.

Was macht Ihr Unternehmen bei Bestandskunden besonders erfolgreich?

Zettl: Unsere Marken sind seit langem in der Oberpfalz bekannt und die Markenversprechen werden eingehalten. Wir sind als familiengeführtes Unternehmen regional verwurzelt; entsprechend spielen stabile Kundenbeziehungen und ein vertrauensvolles Miteinander eine große Rolle. Wir gehen zum Beispiel bestmöglich auf vielfältiges Feedback ein und nehmen jede einzelne Kritik ernst. Einen Faktor zur Steigerung der Kundenloyalität sehe ich zudem in der Qualität der persönlichen Kontaktpunkte, die ein positives Kundenerlebnis mit sich bringen sollen. Deshalb wurde unser Customer Service Center nicht ausgelagert, sondern wird inhouse betrieben; bei Oberpfalz Medien kommen auch keine Chatbots zum Einsatz.

Wie gewinnen Sie Neugeschäft?

Zettl: In den bestehenden Geschäftsmodellen gilt es vor allen Dingen, junge Leserinnen und Leser durch zielgruppenorientierte Inhalte für den Lokaljournalismus zu begeistern – und die gerade von dieser Lesergeneration bevorzugten digitalen Formate zu monetarisieren. Im B2B-Bereich ist es ein Schlüsselfaktor, als Spezialist im Bereich der digitalen Werbeformate wahrgenommen zu werden.

Was tun Sie, um den Service zu verbessern?

Zettl: Bei rund 60.000 Abonnenten ist es gar nicht so einfach, die Zufriedenheit aller zu messen. Gerade nach Veränderungen bei unserem Kernprodukt Zeitung erreicht uns oftmals nur Feedback von unzufriedenen Leserinnen und Lesern. Daher haben wir aktuell wieder eine breit angelegte Befragung beauftragt; wir sind schon gespannt auf die Ergebnisse. Einfacher fällt dies bei unseren digitalen Produkten. Hier können wir das Leserinteresse relativ einfach an den Klickzahlen messen. Natürlich sammeln wir strukturiert die Anmerkungen unserer Kunden im Service-Center und lassen diese Ergebnisse in Form einer Qualitätsoptimierung einfließen. Ebenso nutzen wir Personas, um zielgruppenorientierte Maßnahmen planen und realisieren zu können.

Können Sie ein konkretes Beispiel nennen, wie Ihr Unternehmen Service lebt?

Zettl: Ein schönes Beispiel ist mit Sicherheit die bereits erwähnte Digital-Messe. In unserer eher ländlich geprägten Region kämpfen viele erfolgreiche Hidden Champions darum, die richtigen Arbeitnehmer und Azubis zu finden. Als in der Coronapandemie die Durchführung der jährlichen Job-Messe nicht möglich war, haben wir diese digital stattfinden lassen. Viele unserer Kunden waren sehr dankbar für die Möglichkeit, ihr Unternehmen und die offenen Stellen zu promoten. Und natürlich hat dies auch auf unsere Marke eingezahlt.

Warum ist Ihr Unternehmen ein attraktiver Arbeitgeber?

Zettl: Die weitere Optimierung unserer Arbeitgebermarke ist eines der strategischen Kernziele unserer Gesellschafter und Geschäftsführer. Dieses Projekt wird konsequent und durch den Einsatz nicht unerheblicher Ressourcen vorangetrieben. So schaffen wir, um nur ein Beispiel zu nennen, gerade eine Abteilung, die sich ausschließlich mit dem Thema Organisationsentwicklung beschäftigt. Uns bei Oberpfalz Medien ist es wichtig, dass unsere Aussagen zur Arbeitgebermarke, die wir nach außen senden, intern konsequent umgesetzt werden. Dadurch wollen wir das Vertrauen, das neue Mitarbeitende sowie natürlich die langjährig tätigen Kolleginnen und Kollegen in uns setzen, rechtfertigen. Deshalb kümmern wir uns aus Überzeugung um eine positive und moderne Unternehmenskultur – unter anderem durch ein über 14 Monate angelegtes Training für all unsere Führungskräfte. Außerdem sind wir stetig mit der Weiterentwicklung unserer Benefits beschäftigt. So können Jubilare neben rein finanziellen Zuwendungen von zusätzlichen Urlaubstagen profitieren. Neuerdings bieten wir allen Beschäftigten Programme an, die durch Gehaltsumwandlung das vorteilhafte Leasing eines Job-Rades bzw. PCs erlauben. Ganz persönlich freut mich, dass wir intensiv an der Möglichkeit von Workation, der flexiblen Verschmelzung von Arbeit und Urlaub, arbeiten. Ein erster Test verlief sehr vielversprechend. Dieses Modell möchten wir im nächsten Jahr weiter ausrollen. Es macht mich ein klein wenig stolz, dass die Oberpfalz Medien mit dieser Aktivität erneut unterstreichen, welchen Stellenwert die Arbeitskultur hat, die in dieser ausgeprägten Form bei einem mittelständischen Arbeitgeber aus der tiefsten Oberpfalz vielfach nicht erwartet wird. Ich selbst darf abschließend zusammenfassen: Es macht wirklich Spaß bei uns!