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Visuelle Kommunikation: Warum Bilder heute über Erfolg entscheiden

Im Labor von Neuro-Insight in New York tragen Testpersonen eine dünne Kappe. Auf den Monitoren flackern Gehirnströme, während die Probanden Präsentationen betrachten – einmal als graue Textwüste, einmal als bunte Infografik. „Wir wollten verstehen, wie sich visuelle Kommunikation auf das Gehirn auswirkt“, sagt Nina Miller, Neurowissenschaftlerin bei Neuro-Insight. Die Forschung nutzt das Softwareunternehmen Canva, um seine Produkte stetig zu verbessern.

Illustration: Eine Frau, die von verschiedenen Bilder und Medien überlappt wird, als Symbol für visuelle Kommunikation

09.12.2025

Laut der Studie „State of Visual Communication“ steigt die emotionale Intensität bei visuellen Dokumenten um 26 Prozent, bei Präsentationen um 21 Prozent. Miller erklärt: „Visuelle Reize erzeugen sofort eine positive emotionale Reaktion. Sie machen uns neugierig und öffnen das Gehirn für die Information, die danach kommt.“ Gemeinsam mit der Designplattform Canva, die Millionen User weltweit nutzen, hat das Team untersucht, wie das menschliche Gehirn auf Bilder reagiert – und warum Unternehmen von dieser Erkenntnis profitieren.

Der Effekt lässt sich nicht nur messen, sondern auch wirtschaftlich deuten. „Wenn visuelle Kommunikation falsch eingesetzt wird, entsteht Chaos“, sagt Daniela Nyarko, Leiterin des strategischen Vertriebs für die Regionen Europa, Mittlerer Osten, Asien bei Canva. Über 80 Prozent der Führungskräfte gaben im Zuge der Studie an, dass schlechte Visualisierung zu Verwirrung und Verzögerungen führt. Das kostet Produktivität – und am Ende Umsatz.

Für Nyarko ist die richtige Visualität deshalb kein Randthema des Marketings, sondern eine Führungsaufgabe. „Wir leben in einer visuellen Ära. Informationen werden heute intuitiv und bildhaft ­verarbeitet – genau wie in den sozialen Medien. Unternehmen müssen sich daran anpassen.“ Was als Werkzeug für private Nutzer begann, hat sich in den vergangenen Jahren zu einer Plattform für ganze Organisationen entwickelt: Canva Enterprise. „Unsere Vision ist es, jedes Team zu befähigen, entsprechend der Marken-CI Inhalte zu erstellen und zu gestalten“, sagt Nyarko.

Storytelling mit Hilfe von Bildern

Wie stark Bilder Verhalten beeinflussen, beschreibt Samrat Saran, Head of Client Solutions bei Neuro-Insight, aus neurowissenschaftlicher Perspektive: „Worte informieren – Bilder transformieren.“ Text könne Wissen vermitteln, doch visuelle Elemente „geben einer Botschaft Emotion, Aufmerksamkeit und Erinnerungswert“. Und das bleibt am Ende hängen. Kommunikation, sagt Saran, sei nie rein rational gewesen. „Schon Höhlenmalereien waren die erste Form des Storytellings. Heute bringen wir diese Sprache zurück in den Alltag der Unternehmen.“

Besonders deutlich zeigt sich der Wandel bei der Generation Z. Laut der Studie geben 86 Prozent dieser Altersgruppe an, am besten visuell zu arbeiten. 85 Prozent halten visuelle Kommunikationsfähigkeiten für entscheidend, um ihre Karriere zukunftssicher zu machen. „Diese Generation hat gelernt, komplexe Informationen visuell zu denken“, sagt Nyarko. „Sie bringt ein neues Tempo und eine neue Erwartung in die Unternehmen.“

Das stellt Führungskräfte vor Herausforderungen – und Chancen. „Die Gen Z fordert, dass Arbeit ­sinnlich erfahrbar wird“, sagt Saran. „Sie sind nicht einfach TikTok-Konsumenten, sie sind in einem visuellen Bildungssystem aufgewachsen. Wenn Unternehmen sie zwingen, rein textbasiert zu kommunizieren, bremsen sie ihr Potenzial.“

Kreativität bleibt menschlich

Auch die Neurowissenschaft liefert Argumente für diesen Kulturwandel. Miller beschreibt, was im ­Gehirn passiert, wenn Farben, Bewegung und Formen aufeinandertreffen: „Diese kreative Visualisierung entfacht eine Welle positiver Emotionen. Sie lässt uns offener werden und die Inhalte schneller speichern.“ Ihre Schlussfolgerung: „Das verändert, wie wir lernen, kommunizieren und handeln.“ Doch wo Menschen Bilder schaffen, mischt längst auch Künstliche Intelligenz mit. Viele Unternehmen stehen der Technologie noch skeptisch gegenüber – aus gutem Grund, findet Nyarko. „KI hat enorme Effizienzvorteile, aber sie ersetzt keine Kreativität. Authentizität und kulturelle Nuancen müssen immer noch von Menschen kommen.“

Canva sieht in der Kombination aus menschlicher Kreativität und technologischen Möglichkeiten Künstlicher Intelligenz (KI) den Schlüssel. „KI beschleunigt Kreativität“, sagt Nyarko. „Sie automatisiert Routinen wie Größenänderungen oder Layouts. Aber die emotionale Tiefe, die bleibt menschlich.“ Deshalb könne man auf der Canva-Oberfläche jederzeit „zwischen KI-Gestaltung und manueller Fein­arbeit wechseln“. Auch Saran warnt vor falschen ­Erwartungen: „Kreativität entsteht, wenn das Gehirn gegen bestehende Strukturen rebelliert. Das ist ein menschlicher Prozess. Künstliche Intelligenz hingegen kann die Ideen sichtbar machen, die wir im Kopf haben, aber nicht zeichnen können.“

Dass visuelle Kommunikation mehr ist als schöne Grafik, bestätigt die Datenseite der Studie: 66 Prozent der befragten Unternehmen berichten von klarerer Kommunikation komplexer Ideen, 61 Prozent von stärkerer Markenbindung. Für Nyarko sind Bilder deshalb kein ästhetisches Beiwerk, sondern ein strategisches Kapital: „Visuelle Kommunikation entscheidet darüber, wie schnell Organisationen lernen, reagieren und innovieren.“ Saran ergänzt: „Das Gehirn speichert nur, was Bedeutung hat – und Bedeutung entsteht, wenn uns etwas berührt: durch Farbe, Form und Bewegung.“ Vielleicht ist genau das der Grund, warum Unternehmen, die heute schon auf Bilder setzen, morgen besser verstanden werden.

Samrat Saran

leitet bei Neuro-Insight in New York das Client-Solutions-Team für die USA und Europa. Zuvor war er bei der Anheuser-Busch Inbev tätig, der größten Brauereigruppe der Welt

Nina Miller

Die Neuromarketing-­Beraterin bei Neuro-Insight hat einen Hintergrund in Verhaltensneurowissenschaft und Grafikdesign

Daniela Nyarko

ist Head of Strategic Sales für die Regionen Europa, Mittlerer Osten und Asien bei Canva, einer Onlineplattform für visuelle Kommunikation und Zusammenarbeit. Sie verfügt über mehr als zehn Jahre Erfahrung in der Technologiebranche