Bewertungsportale

Vertrauenskrise bei Trustpilot?

Gefälschte Bewertungen, struktureller Interessenkonflikt: Eine aktuelle Untersuchung des Deutschen Innovationsinstituts für Künstliche Intelligenz (DIKI) beleuchtet systematische Schwächen in der Funktionsweise von Trustpilot. Das hat die Wettbewerbszentrale auf den Plan gerufen. Sie hat nun eine förmliche Stellungnahme bei dem Bewertungsportal angefordert.

Die Hände eines Mannes auf einer Laptoptastatur und über dem Laptop schwebt das Hologramm einer Sternebewertung als Symbolbild für das Bewertungsportal Trustpilot

24.04.2025

Digitale Kundenbewertungen sind für viele mittelständische Unternehmen ein zentraler Faktor im Wettbewerb. Sie beeinflussen nicht nur die öffentliche Wahrnehmung, sondern wirken sich zunehmend auch auf Geschäftsanbahnungen und Abschlüsse aus. Portale wie Trustpilot beanspruchen für sich, in diesem Kontext als neutrale Plattformen authentischer Rückmeldungen zu fungieren.

Doch wie belastbar ist diese Selbstzuschreibung? Eine aktuelle Studie des Deutschen Innovationsinstituts für Künstliche Intelligenz (DIKI) in Kooperation mit Professor Dr. Thomas Liebetruth von der OTH Regensburg untersucht die Bewertungsqualität auf Trustpilot unter kontrollierten Bedingungen – mit aufschlussreichen Ergebnissen.

Test zeigt Schwächen in der Filterung gefälschter Inhalte

Im Rahmen der Untersuchung reichten 79 Testpersonen insgesamt 86 bewusst gefälschte Bewertungen auf Trustpilot ein. Keine der Testpersonen hatte eine reale Geschäftsbeziehung zum untersuchten Unternehmen. Die Bewertungen waren symmetrisch aufgeteilt: 43 positive, 43 negative. Ziel war es, die Wirksamkeit der von Trustpilot beschriebenen Authentizitätskontrollen zu prüfen.

Tatsächlich wurden 31 der 86 gefälschten Bewertungen veröffentlicht – ein Anteil von rund 36 Prozent. Auffällig war die ungleichmäßige Behandlung: Während von den 43 positiven Bewertungen lediglich zehn online blieben, wurden 21 der negativen Bewertungen veröffentlicht. Die daraus resultierende Schieflage beeinflusste den TrustScore des Unternehmens erheblich.

Fragen an die Systematik des Trustpilot-Modells

Die Studie benennt einen möglichen strukturellen Interessenkonflikt. Trustpilot bietet Unternehmen im Rahmen eines Abo-Modells kostenpflichtige Zusatzfunktionen zum kostenfreien Basispaket an – darunter erweiterte Einladungsoptionen für Bewertungen, detailliertere Analysetools und die Möglichkeit, den TrustScore aktiv zu managen. Unternehmen ohne diese Bezahloptionen könnten benachteiligt sein.

Ein interner Test durch die Redaktion von DUP UNTERNEHMER zeigte, dass sich durch den Abschluss eines entsprechenden Abonnements und die Nutzung der verfügbaren Tools eine Verbesserung des Bewertungsprofils erzielen ließ – legal, aber steuerbar. Die Frage, inwiefern die Plattform damit ihrer Rolle als neutrale Instanz gerecht wird, stellt sich neu.

Wettbewerbszentrale fordert Stellungnahme von Trustpilot

Angesichts der Ergebnisse hat sich nun auch die Wettbewerbszentrale eingeschaltet. In einem offiziellen Schreiben vom 16. April 2025 fordert die Institution eine Erklärung von Trustpilot zu den Ergebnissen der Studie. Insbesondere wird kritisiert, dass Trustpilot auf seiner Webseite mit Aussagen wie „Echte Bewertungen von echten Menschen“ wirbt, obwohl die tatsächliche Filterleistung hinter diesen Versprechen zurückzubleiben scheint.

Die Wettbewerbszentrale bewertet diese Form der Werbung als potenziell irreführend im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (§ 5 UWG) und sieht Anlass zur wettbewerbsrechtlichen Prüfung. Trustpilot wurde um Stellungnahme bis zum 6. Mai gebeten. Andernfalls behält sich die Institution weitere rechtliche Schritte vor.

Debatte um Verlässlichkeit von Bewertungsplattformen

Die Untersuchung sowie das Vorgehen der Wettbewerbszentrale rücken die Debatte um die Verlässlichkeit von Bewertungsplattformen erneut in den Fokus. Für viele Unternehmen steht dabei nicht nur die Reputation, sondern auch die Frage nach Chancengleichheit im digitalen Wettbewerb auf dem Spiel.