Keine Frage, die Hamburger Hafen und Logistik Aktiengesellschaft (HHLA) spielt eine zentrale Rolle für die Versorgung Deutschlands, aber auch von Ost- und Mitteleuropa. Sie bewegt jährlich rund sechs Millionen Standardcontainer über ihre Hafenterminals und weitere 1,8 Millionen TEU auf Schiene und Straße. Für sie sind mehr als 6.800 Mitarbeitende in vier europäischen Seehäfen, in Bahn- und Speditionsgesellschaften sowie in den hochinnovativen Start-ups von HHLA Next aktiv. Ihre Bedeutung wächst weiter in einer sich dramatisch verändernden Welt.
DUP UNTERNEHMER-Magazin: Frau Titzrath, was prägt die HHLA?
Angela Titzrath: Wir verstehen uns als ein Unternehmen in stetigem Wandel – fast wie ein kontinuierliches Start-up. Vor 140 Jahren starteten wir mit einer damals revolutionären Idee: Durch die Bündelung von Transport, Lagerung und Umschlag an einem Ort – hier in der Hamburger Speicherstadt – konnten wir Märkte effizienter bedienen und neue Maßstäbe setzen. Für mich ist das die Blockchain des 19. Jahrhunderts – eine Innovation, die Prozesse optimiert und vernetzt hat.
Vernetzung spielt also eine zentrale Rolle?
Titzrath: Richtig, wir setzen auf „The Power of Networks”. Dabei greifen unsere Netzwerke in verschiedenen Dimensionen ineinander: Unsere in ganz Europa verteilten Logistikdrehscheiben, an den Küsten und im Hinterland, sind über Wasser, Schiene, Straße und sogar in der Luft mit Drohnen unserer Tochter HHLA Sky miteinander verbunden. So können wir unseren Kunden über unser eigenes Netzwerk komplette Transportlösungen anbieten.
Und dieses Netzwerk lebt auch maßgeblich von Menschen …
Titzrath: Sie sind die wichtigste Dimension in unserem Netzwerk. Unsere Mitarbeitenden vernetzen sich, entwickeln gemeinsam Ideen, meistern Herausforderungen – standort- und grenzübergreifend. So entsteht Innovation. Die wohl stärkste Verknüpfung, die ein Unternehmen haben kann, ist die zwischen seinen Mitarbeitenden. Ich bin überzeugt: Das ist das wertvollste Kapital der HHLA.
Die HHLA bewegt sich auch abseits des bekannten Containerumschlags und -transports.
Titzrath: Ja, wir haben eine Einheit für die Entwicklung neuer Ideen und Geschäftsmodelle geschaffen. Daraus hat sich HHLA Next gebildet, die Lösungen und Standards entwickelt, die über unser bisheriges Geschäft hinaus skaliert werden können. Unser Ziel ist es, die vielen klugen Ideen von HHLA Next noch stärker in der Industrie zu verankern.
Wollen Sie weiter expandieren?
Titzrath: Wir sind als europäischer Logistikkonzern mit unseren Seehafenterminals in Hamburg, Triest, Tallinn und Odessa sowie 20 intermodalen Terminals im Binnenland sehr gut aufgestellt. Und wir sind offen für weitere Akquisitionen, legen den Fokus im Moment aber sehr stark auf unsere eigene Weiterentwicklung. Dazu gehören der Ausbau unseres europäischen Netzwerks sowie die Modernisierung unserer Terminals in Hamburg. Ein Schwerpunkt liegt hier auf dem Burchardkai, den wir zu einer hochmodernen und besonders nachhaltigen Anlage weiterentwickeln. Dieser Umbau im laufenden Betrieb ist übrigens das größte Brownfield-Projekt seiner Art weltweit, also durchaus anspruchsvoll.
Es scheint, als wäre Nachhaltigkeit für Sie eine Herzensangelegenheit?
Titzrath: Ja, das ist sie auch! Wir wollen bei der HHLA beweisen, dass wirtschaftlicher Erfolg und nachhaltiges Wirtschaften zusammenpassen. Wir haben auch als Gesellschaft und Wirtschaft eine Verantwortung, die wir nicht auf die politische Ebene delegieren dürfen. Man kann Nachhaltigkeit nicht loskoppeln von wirtschaftlichem Denken, sonst wird die Finanzierung sehr schwierig.
Dann ist die HHLA jetzt das nachhaltigste Logistikunternehmen weltweit?
Titzrath: Das sollen andere beurteilen. Ich denke, wir müssen uns nicht verstecken. De facto setzen wir Maßstäbe durch den klimafreundlichen Terminal-Umschlag, den wir schon am Containerterminal Altenwerder in Hamburg etabliert haben, der Burchardkai folgt jetzt. Bereits 2017 haben wir entschieden, auf Fahrzeuge mit Batterieantrieb zu setzen. Jetzt testen wir den Betrieb mit Wasserstoff. Den Umschlag verbinden wir aus dem größten Eisenbahnhafen Europas mit dem umweltfreundlichen Transport auf der Schiene. Es ist eine bewusste Entscheidung für die mittel- und langfristige Zukunftsfähigkeit dieses Unternehmens.
Mit MSC haben Sie einen neuen Gesellschafter. Was bedeutet das?
Titzrath: Dass sich die weltgrößte Reederei beteiligt hat, spricht für die Attraktivität unseres Unternehmens. Außerdem bringt MSC viel Erfahrung und Vernetzung auf Kundenseite mit. Wir können davon auf sehr vielen Ebenen profitieren, unter anderem indem unsere Tochterunternehmen für ihre Neuentwicklungen und Lösungen mit MSC einen starken Partner haben werden.
Wo steht die HHLA in zehn Jahren?
Titzrath: Wir haben bisher nur einen Bruchteil unseres „The Power of Networks“ ausgeschöpft – und noch viel vor. Nehmen Sie Hamburg als Beispiel: Letztlich kommt es nicht auf die Größe eines Hafens an, sondern auf die beste Vernetzung mit dem europäischen Hinterland. Es geht nicht darum, Container zu zählen, sondern darum, Wertschöpfung zu schaffen. Unsere starke Position werden wir nachhaltig und digital weiter ausbauen.
Wir setzen Maßstäbe
durch den CO2-neutralen Terminal-Umschlag.Angela Titzrath, HHLA