Arbeitsumfeld

Warum hybrides Arbeiten Chefsache ist

Die fortschreitende Digitalisierung, hybride Arbeitsmodelle und die zunehmende Bedeutung der Mitarbeitendenzufriedenheit werden 2025 eine entscheidende Rolle spielen und den Umbruch der Arbeitswelt vorantreiben. Dr. Christoph Schneider, Regional Senior Vice President bei der International Workplace Group (IWG), rät Unternehmen, in genau diese Bereiche zu investieren.

Eine junge Frau sitzt mit Kopfhörern auf vor dem Laptop und hat einen Hund auf dem Schoß

06.05.2025

Flexible Arbeitsplatzstrukturen bieten laut Dr. Christoph Schneider gleich mehrere Wettbewerbsvorteile. „In Deutschland pendelt jeder Beschäftigte im Schnitt 35 Minuten hin und zurück zur Arbeit“, so Schneider. „Wenn diese Zeit auf unter zehn Minuten reduziert werden kann, gewinnen Mitarbeitende bis zu einer Stunde Lebensqualität täglich.“ Dieses zusätzliche Zeitpolster hätte nicht nur positive Auswirkungen auf das persönliche Wohlbefinden, sondern vielmehr auch auf die Produktivität, da Mitarbeitende dadurch weniger gestresst, stattdessen ausgeglichener sind.

Die Flexibilität, den Arbeitsort selbst zu bestimmen, fördere außerdem ein höheres Maß an Eigenverantwortung und würde für eine gesteigerte Zufriedenheit sorgen. Schneider: „Mitarbeitende können so ihren Arbeitstag besser an ihre persönlichen Bedürfnisse anpassen, sei es wegen familiärer Verpflichtungen oder anderer individueller Umstände.“

Zudem könnten flexible Arbeitsplatzstrukturen für Unternehmen auch eine Chance sein, ihre Kosten neu zu strukturieren. „Früher mussten Unternehmen mit langfristigen Mietverträgen kalkulieren. Heute können sie mit flexiblen Modellen dynamischer auf die Marktgegebenheiten reagieren“, erklärt Schneider. Anstatt also Kapital in starren Büroflächen zu binden, könnten Unternehmen nach Bedarf Büroflächen anmieten und so ihre Betriebskosten erheblich senken.

Standortstrategien: Flexibilität als Schlüssel

Der IWG-Stratege weist darauf hin, dass sich die Standortstrategie von Unternehmen ebenfalls an den neuen Arbeitsmodellen orientieren sollte. Heißt konkret: Anstatt klassische Bürostandorte zu bevorzugen, sollten Unternehmen verstärkt auf die Nähe zu den Wohnorten ihrer Mitarbeitenden setzen. Schneider favorisiert dafür das Konzept der „15-Minuten-Arbeitsstadt“, bei dem der Arbeitsplatz innerhalb von 15 Minuten erreichbar sein sollte. Die Lösung seien eher Satelliten- als Großraumbüros.

Wichtiger als die Standortwahl sei jedoch die Flexibilität, die Mitarbeitenden im Office geboten wird. Flexible Arbeitsplätze und die Möglichkeit, je nach Aufgabe und Bedarf unterschiedliche Bürozonen zu wählen, würden ebenfalls die Produktivität und die Arbeitszufriedenheit steigern, erläutert Schneider. Eine einheitliche Bürostruktur war gestern – heute zählt, was für den Einzelnen am besten funktioniert.

Höhere Produktivität durch hybrides Arbeiten

In einer aktuellen IWG-Studie gaben 80 Prozent der befragten Führungskräfte an, dass hybrides Arbeiten die Produktivität fördere. „Dabei hängt der Erfolg von den richtigen Rahmenbedingungen ab“, sagt Schneider. Die wichtigste Voraussetzung: Der Arbeitsweg dürfe für die Mitarbeitenden nicht zur Belastung werden. Unternehmen müssten deshalb vor allem sicherstellen, dass die Arbeitsumgebung gut ­erreichbar ist. Auch eine gute Infrastruktur – von stabilem Internet über ergonomische Möbel bis hin zu ruhigen Arbeitsplätzen – ist ein Faktor, der laut IWG-Studie wesentlich zur Produktivitätssteigerung beiträgt.

Schneider weist darauf hin, dass hybrides Arbeiten enormes Potenzial zur Kostenoptimierung bietet. „Studien zeigen, dass Unternehmen dadurch jährlich im Durchschnitt 11.000 US-Dollar pro Mitarbeiter sparen können“, so Schneider. Doch wie können Unternehmen diese Einsparungen nutzen, ohne ihre Unternehmenskultur zu gefährden? „Die Kultur darf bei allen Einsparungen nicht auf der Strecke bleiben“, betont Schneider. Es müsse vielmehr darum gehen, eine Balance zwischen Flexibilität und festen Bürozeiten zu finden. „Das Büro bleibt ein zentraler Ort für kreative Zusammenarbeit und Teamarbeit“, sagt der Regional Senior Vice President. Doch andere Aspekte, wie etwa regelmäßige virtuelle Treffen oder hybride Workshops, könnten ebenso gut digital umgesetzt werden. Wichtig sei es, klare Regeln und Ziele für die Zusammenarbeit zu definieren und diese transparent zu kommunizieren.

Kollaboration vs. Flexibilität: Wie der Spagat gelingt

Ein häufiges Argument gegen Hybridarbeit ist die Befürchtung, dass Teamgeist und Kreativität darunter leiden könnten. Doch auch hier hat Schneider eine klare Antwort: „Hybrides Arbeiten bedeutet nicht, dass Mitarbeitende isoliert arbeiten. Es geht darum, klare Zeiten und Räume für Zusammen­arbeit zu schaffen.“ Unternehmen sollten deshalb regelmäßige persönliche Treffen und Kreativphasen einplanen, um den Austausch und die Innovation zu fördern.

Angesichts der aktuellen Debatten und medialen Berichte über das „Zurück ins Büro“ stellt Schneider klar: „Diese Diskussion ist zu kurz gedacht.“ Die Vorstellung, dass eine höhere Präsenz im Büro automatisch zu mehr Produktivität führt, hält er für falsch. „Es geht nicht darum, ob Mitarbeitende im Büro sind oder nicht, sondern wie sie arbeiten. Die Frage ist deshalb, wie Unternehmen den Rahmen für die Beschäftigten so gestalten, dass die Produktivität tatsächlich zunimmt.“

Neue Denkweise, neue Rahmenbedingungen

Die Arbeitswelt 2025 erfordert eine neue Denkweise – eine, die Flexibilität und Zusammenarbeit mit­einander kombiniert, um nicht nur die Produktivität zu steigern, sondern auch die Zufriedenheit der Mitarbeitenden auf ein neues Niveau zu heben. Schneider fordert deshalb: „Hybrides Arbeiten ist Chefsache und eine strategische Entscheidung, die die gesamte Unternehmenskultur beeinflusst. Unternehmen, die die veränderten Arbeitsbedingungen ernst nehmen und die richtigen Rahmenbedingungen schaffen, werden langfristig erfolgreich sein.“

Dr. Christoph Schneider, Regional Senior Vice President bei International Workplace Group (IWG)

Dr. Christoph Schneider

ist Regional Senior Vice President bei der International WorkplaceGroup (IWG)