Facebook hat zusammen mit der OECD und der Weltbank Daten über den Mittelstand in der Coronakrise erhoben. Wie schlägt sich der deutsche Mittelstand?
Tino Krause: Wir sehen, dass vor allem KMU, die ihre Online-Präsenz schon vor der Pandemie aufgebaut haben, besser durch die Krise kommen als Unternehmen, für die Digitalisierung noch komplettes Neuland ist. Aber die Zahl ist noch gering: Nur ein Drittel der Befragten erklärt, dass mindestens 25 Prozent ihrer Einnahmen über digitale Kanäle generiert werden konnten. Im europäischen Vergleich hat Deutschland Nachholbedarf: In Frankreich waren es 43 Prozent, in Großbritannien etwa die Hälfte. Unternehmer und Unternehmerinnen wie beispielsweise Laura Berg, Gründerin von KEKSZauber, bestätigen, welche wichtigen Möglichkeiten digitale Plattformen gerade in der Krise bieten, um mit bestehenden Kunden eng in Verbindung zu bleiben und um neue Zielgruppen zu erschließen.
Welcher Faktor ist aus Ihrer Sicht entscheidend für den Weg aus der Krise?
Krause: Eine Krise birgt enorm viel Innovationspotenzial. Das haben wir vor allem an den kreativen Lösungen von Unternehmen gesehen, welche die Ausrichtung ihres Geschäftsmodells quasi über Nacht angepasst haben. Ein Beispiel ist das Hamburger Unternehmen Brooklyn Soap Company, das Haut- und Pflegeprodukte für Männer herstellt und vertreibt. Das Produktangebot wurde in kürzester Zeit um Desinfektionsmittel erweitert und über die Facebook-Seite sowie Facebook-Shops kommuniziert und angeboten. Innerhalb einer Woche wurden fast 1.000 Käufe verzeichnet. Das verdeutlicht, wie wichtig und hilfreich digitale Kanäle für Unternehmen sind.

Wie unterstützt Facebook Unternehmen in dieser schwierigen Zeit?
Krause: Wir sehen, dass jedes Unternehmen und jede Branche anders getroffen ist und passgenaue Lösungen benötigt. Wir wollen genau hier ansetzen und bis zum Jahresende 10.000 Unternehmer und Unternehmerinnen in Deutschland unter dem Motto #WirliebenMittelstand digital fit machen. Vor allem haben wir Bedarf in den Branchen Reise, Gastronomie und Handel ausgemacht, für die wir spezifische Trainings anbieten. Zudem bieten wir in unserer Serie „Digital Durchstarten“ jeden Dienstag Unternehmen aus diesen drei Branchen Live-Coachings an. In diesen gehen unsere Marketingexperten auf die individuellen Bedürfnisse der Unternehmen ein und stellen Lösungen vor. Das Format bietet Interessierten die Möglichkeit, die Serie mitzuverfolgen und von praktischen Problemstellungen und Lösungsansätzen zu lernen.
Sie wollen 10.000 KMU digital fit machen. Was genau bedeutet das? Gilt das nur in Bezug auf die Plattformen von Facebook?
Krause: Die Krise unterstreicht, dass Digitalisierung und ein digitales Standbein wichtig für kleine und mittlere Unternehmen sind. Wir möchten Unternehmer und Unternehmerinnen dabei unterstützen, ihre gesamte Digitalstrategie auf- und auszubauen. Dafür schulen wir sie im Umgang und Einsatz mit unseren Plattformen und Produkten, sowohl für Facebook und Messenger als auch für Instagram und WhatsApp. Darüber hinaus bieten wir aber auch wertvolle handwerkliche Tipps für das Storytelling und das Hervorheben der eigenen Unternehmensgeschichte, die auf allen digitalen Kanälen angewendet werden können.
Wie sieht New Work bei Facebook aus?
Krause: Wie alle Facebook-Mitarbeiter arbeite ich seit Mitte März im Homeoffice. Mein Büro ist der Wintergarten meiner Schwiegereltern. Natürlich war die komplette Umstellung auf digital auch für uns neu. Es ist interessant zu beobachten, wie neue Formen des Miteinanders im Team, aber auch mit den Kunden entstanden sind und wie schnell sich alle an die neue Situation gewöhnt haben.
Glauben Sie, dass Teile dieser neuen Arbeitskultur auch in den nächsten Monaten bestehen bleiben?
Krause: Ich bin überzeugt, dass die Coronakrise einen langfristigen Wandel zur Arbeit außerhalb des Büros angestoßen hat. Wir haben gesehen, wie man auch über digitale Kanäle den Austausch und den Kundenkontakt pflegen kann. Eine physische Präsenz wird nicht mehr überall notwendig sein. Das gilt für uns, aber genauso für Firmen, die sich bisher wenig mit der Digitalisierung auseinandergesetzt haben.