KI im Finanzwesen

CFOs im Wandel: Vom Zahlenverwalter zum Strategen

Ein Gespräch mit Raymond Hüner, SVP Head of Central EU Regions bei Pleo, über die strategische Rolle von CFOs, den Einsatz von KI in Finanzabteilungen und Lösungen speziell für den Mittelstand.

Vier Stapel aus Euromünzen, die von einer Roboterhand gestapelt wurden, als Symbol für KI im Finanzwesen

11.08.2025

Die Digitalisierung verändert das Finanzwesen grundlegend, insbesondere in mittelständischen Unternehmen. CFOs stehen zunehmend unter Druck, nicht nur die Zahlen im Blick zu behalten, sondern aktiv zur strategischen Ausrichtung des Unternehmens beizutragen. Wie das gelingt, erklärt Raymond Hüner von Pleo im Interview. Der FinTech-Experte zeigt auf, wie KI, Automatisierung und ein integriertes Ausgabenmanagement die Finanzabteilung fit für die Zukunft machen.

DUP UNTERNEHMER-Magazin: Ihr CFO Playbook 2025 basiert auf über 3000 Antworten europäischer Finanzverantwortlicher. Was sind die wichtigsten Erkenntnisse – vor allem für den Mittelstand in Deutschland?

Raymond Hüner: Der CFO entwickelt sich immer stärker zum strategischen Partner. Viele Finanzverantwortliche wollen sich auf Analyse, Forecasting und die Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen konzentrieren – Routinetätigkeiten sollen automatisiert werden. Doch gerade im deutschen Mittelstand bremst oft die Sorge vor regulatorischen Hürden. Gleichzeitig fehlen häufig Kapazitäten für große Digitalisierungsprojekte. Gefragt sind deshalb Lösungen, die sich nahtlos in bestehende Prozesse integrieren lassen – keine Revolution, sondern intelligente Automatisierung.

Wo sehen Sie aktuell den größten Mehrwert von Künstlicher Intelligenz im Finanzbereich?

Hüner: KI ersetzt nicht, sie verstärkt. Sie hilft bei Genehmigungen, Anomalie-Erkennung, Fraud-Prevention und vorausschauender Analyse. Etwa durch OCR-Technologie und Machine Learning, das Ausgaben automatisch kategorisiert und Genehmigungsvorschläge macht. Mit Partnern wie Taktile nutzen wir Real-Time-Scoring zur Risikominimierung. Auch AML- und KYC-Prozesse lassen sich so effizienter gestalten. Darüber hinaus setzen wir Generative AI ein, um Fragen wie beispielsweise „Darf ich ein Teamdinner ausgeben?“ im Kontext der Unternehmensrichtlinien direkt zu beantworten. Das erhöht die Compliance und senkt Rückfragen.

Laut Ihrer Umfrage verbringen viele Finanzprofis zu viel Zeit mit manuellen Treasury-Aufgaben. Wie geht Pleo das Problem an?

Hüner: Wir setzen auf Automatisierung, Zentralisierung und Mobilität. Viele Teams arbeiten noch mit Excel und E-Mails. Pleo automatisiert Transfers, zentralisiert die Geldflüsse und bietet eine mobile Genehmigungsfunktion. Der größte Vorteil liegt in der KI-gestützten Priorisierung: Statt alles manuell zu prüfen, weisen Warnungen gezielt auf Abweichungen oder Risiken hin.

Wie stellen Sie sicher, dass sich Pleo sicher und effizient in bestehende Systeme integrieren lässt?

Hüner: Unsere Plattform bietet robuste API-Schnittstellen zu Banken und ERP-Systemen. Sicherheitsfunktionen wie rollenbasierte Rechte, mehrstufige Freigaben und Audit-Logs sind Standard. In puncto Compliance arbeiten wir mit lokalen Experten, etwa im Hinblick auf die E-Invoicing-Pflicht ab 2025. Unser Ziel ist eine native Integration ohne Medienbruch.

Welche Rolle spielt Echtzeit-Datenverfügbarkeit in der Treasury – und wie nutzen Sie KI für Forecasts?

Hüner: Treasury ist für uns kein Berichtswesen, sondern ein Live-Kontrollzentrum. Echtzeit-Einblicke in Budgets und Konten ermöglichen strategisches Handeln. Unsere Plattform filtert nach Teams, Projekten oder Zahlungsarten und erkennt Risiken frühzeitig. Die KI simuliert mögliche Cashflow-Szenarien, als Ergänzung zur menschlichen Entscheidungsfindung.

Wie sieht die Roadmap für Ihr Cash-Management-Produkt in Deutschland aus?

Hüner: Deutschland ist für uns ein Fokusmarkt. Erste Funktionen wie Transferregeln sind bereits live. Aktuell entwickeln wir mehrwährungsfähige Treasury-Konten, automatisierte Shortfall-Prognosen und ertragsbringende Parkkonten. Alle Features sind modular nutzbar – ohne Zwangsmigration. Langfristig wollen wir ein zentrales Cockpit für Ausgaben- und Liquiditätssteuerung schaffen.

Wie schaffen Sie es, trotz technologischem Wandel ein stabiles Produkt zu liefern?

Hüner: Indem wir uns auf unseren Kernfokus konzentrieren: Wir wollen Finanzteams zu echten Business-Partnern machen. Das heißt: weniger manuelle Arbeit, mehr strategischer Beitrag. Die Welt dreht sich schneller – aber wer seinen Kurs kennt, bleibt auf Spur.

Wie wirken sich geopolitische Unsicherheiten auf Ihre Arbeit aus?

Hüner: Gerade in unsicheren Zeiten steigt der Bedarf an Orientierung. Wir bleiben bei unserem Ansatz: Klarheit bieten, Fokus behalten – das macht uns relevanter denn je.

Porträt von Raymond Hüner

Raymond Hüner

ist SVP Head of Central EU Regions bei Pleo. In seiner Rolle verantwortet er die regionale Strategie von Pleo in Europa, mit besonderem Fokus auf Schlüsselmärkte wie Deutschland