Noch vor Kurzem durften sich die Julischen Alpen im Nordwesten Sloweniens ein Geheimtipp auf der europäischen Landkarte nennen. Inzwischen jedoch ist der smaragdgrüne Fluss Soča unter dem mächtigen König Triglav, dem höchsten Berg der Julischen Alpen, vielen Bergfans ein Begriff. Und mit ihm die reichen Schätze, die sich auf den sonnenbeschienen Almen, in den tiefen Wäldern, den kristallklaren Gewässern und den Tälern mit ihren traditionsreichen Dörfern finden.

Genau jene Landschaft ist es auch, die Ana Roš seit jeher als Inspiration für ihre einzigartigen Gerichte diente. Drei Michelin-Sterne hat die slowenische Spitzenköchin bereits für ihr Restaurant „Hiša Franko“ in Kobarid gewonnen – die höchste aller Auszeichnungen, die ein Restaurant erlangen kann. In unmittel-barer Nähe der imposanten Gipfel, lieblichen Anhöhen und von besagtem Fluss Soča entwickelte sie eine Küche, die eng verbunden ist mit der Natur und den kulinarischen Traditionen ihres Heimatlandes.Alpen, die von der UNESCO zum Biosphärenreservat erklärt wurden.

Akribische Handarbeit im „Hiša Franko“:
In ihrem Restaurant erkochte sich Ana Roš (rechts unten) drei Michelin-Sterne


Selbstredend, dass Ana Roš ihren Gästen nur serviert, was die Region, ihre Natur und ihre Bauernhöfe zu der jeweiligen Jahreszeit zu bieten haben – wobei zumindest dieser Fakt für die allermeisten slowenischen Restaurants gilt. Dabei spielen Kräuter eine genauso tragende Rolle wie die Forelle aus dem Fluss oder der erstklassige Käse, zur Perfektion gereift in den Kellern von Expartner Valter Kramar, mit dem sie einst das „Hiša Franko“ berühmt machte.
Rasante Abfahrt, nicht nur auf Skiern
Nur ein paar Kilometer weiter, ebenfalls im Soča-Tal gelegen, befindet sich eine der beiden Talstationen des slowenisch-italienischen Skigebiets Kanin-Sella Nevea – im Übrigen das schneesicherste Sloweniens. Von Bovec aus schwingt die Gondel in die Höhe, überwindet dabei fast 2.000 Höhenmeter und bringt Skifahrende mitten hinein in eine Welt aus tief verschneiten Gipfeln. Wer keine Lust auf Alpinski hat, aber trotzdem nicht auf eine rasante Abfahrt verzichten möchte, wählt stattdessen die kilometerlange Rodelstrecke samt Geländewagen-Lift auf dem nahe gelegenen Mangart-Pass.
Eigentlich könnte man von Bovec aus die 50 engen Serpentinen des spektakulären Vršič-Pass in Richtung Kranjska Gora nehmen – doch leider nicht im Winter, wenn es die kalten Temperaturen zu gefährlich machen, die Anhöhe zu überwinden. Stattdessen kommt man so in den Genuss des Umwegs über die italienische Seite der Julischen Alpen, vorbei am zugefrorenen Lago del Predil und dem romantischen Bergdorf auf dem Monte di Lussari.
Fine Dining am See
Nach einem kleinen Schwenk zurück über die slowenische Grenze warten am Jasna-See in Kranjska Gora bereits die nächsten kulinarischen Ziele dieser schmackhaften Winterreise. Genau in dieser Szenerie, am Ufer des eisblau schimmernden Sees, in dem sich die Berggipfel spiegeln, und unweit der weltweit größten Skisprungschanze, an der jedes Jahr das Finale des Weltcups ausgetragen wird, hat Chef David Žefran dem Fine-Dining-Restaurant „Milka“ 2022 in nur drei Monaten zum ersten seiner nunmehr zwei Michelin- Sterne verholfen. Wer mag, kann hier auch gleich nebenan im gleichnamigen Boutiquehotel einchecken. Das Schlüsselelement für den schnellen Erfolg seiner Küche sieht David Žefran – übrigens studierter Soziologe – in der ständigen Suche nach immer neuen Kreationen, die die Biodiversität des Landes widerspiegeln.

Das Team des mit zwei Sternen dekorierten Restaurants "Milka" sucht ständig nach neuen Kreationen


So wird zum Beispiel der Donaulachs, gefangen im benachbarten Bohinjska Bistrica, nach dem Marinieren mit einer Buttermilchsauce, Muschelwasser und Verbenenöl serviert, natürlich nicht ohne ein passendes Dressing aus fermentierten Chilischoten und eingelegten Stachelbeeren.
Doch es muss nicht immer das Michelin-Stern- Restaurant sein, um die Hochgenüsse der Julischen Alpen kennenzulernen. Eine kurze Wanderung vom Jasna-See durch den weißen Winterwald bringt einen geradewegs zur Hütte Mihov dom na Vršiču, einer der liebsten Adressen der Locals, wenn es sie nach einem traditionellen Essen in bester Zubereitung gelüstet. So sollte man mit ausreichend Hunger kommen, um mindestens die Štrukelj mit Walnuss, Buchweizensterz und eine echte Krainer Wurst zu probieren – verstehen es doch diese Gerichte am allerbesten, die Kälte nach einem erlebnisreichen Wintertag zu vertreiben.