Kolumne

Vorsicht: Steuerfalle bei freiwilligen Vorauszahlungen an Handwerker

Wer haushaltsnahe Dienstleistungen von der Steuer absetzen möchte, braucht eine Rechnung. So weit, so klar. Doch bei freiwilligen Vorauszahlungen an Handwerker kann sich das Finanzamt querstellen. Was alle wissen sollten, die ein Eigenheim besitzen.

Ein Handwerker und die Auftraggeberin schütteln sich in der Küche der Frau die Hand als Symbolbild für Vorauszahlungen an Handwerker

06.06.2025

Im Monat Juni ist der Steuer-Tipp kein solcher zur Erzielung steuerlicher Vorteile, sondern ein Tipp zur Vermeidung einer Steuerfalle, auf die „Otto Normalverbraucher“ mit gesundem Menschenverstand nicht kommen würde: Es geht um freiwillige Vorauszahlungen von Steuerpflichtigen, die insbesondere Handwerkerleistungen an und in ihrem Eigenheim in Anspruch genommen haben. Die nachfolgend dargestellte Problematik stellt sich zwar in gleicher Weise bei sogenannten haushaltsnahen Beschäftigungsverhältnissen beziehungsweise sogenannten haushaltsnahen Dienstleistungen, die ebenfalls einer steuerlichen „Förderung“ in Form einer Steuerermäßigung unterliegen. Bei den Handwerkerleistungen wird sie aber besonders virulent, weil jedes Jahr sicherlich die deutliche Mehrheit der Bundesbürgerinnen und Bundesbürger irgendwelche Renovierungs-, Erhaltungs- oder Modernisierungsmaßnahmen vornehmen lässt.

Keyvisual für die Kolumne „Steuer-Tipp“ von Florian Haase

Handwerkerleistungen bis zu 6.000 Euro pro Jahr absetzen

Die Grundregeln der steuerlichen Förderung sind vielen Bürgern bekannt: Für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer des Auftraggebers (natürliche Person) auf Antrag um 20 Prozent der Aufwendungen des Steuerpflichtigen höchstens jedoch um 1.200 Euro (§ 35a Absatz 3 EStG). Aus dem Zusammenspiel der 20 Prozent mit dem Betrag von 1.200 Euro ergibt sich, dass die Handwerkerleistung maximal 6.000 Euro gekostet haben darf. Was sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergibt: Nur Arbeits-, Fahrt- und Maschinenkosten sind begünstigt, Materialkosten hingegen nicht. Bei haushaltsnahen Beschäftigungsverhältnissen oder der Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen steigt der abzugsfähige Betrag gar auf 4.000 Euro pro Jahr (§ 35a Absatz 2 EStG). Voraussetzung für die Inanspruchnahme der dargestellten Steuerermäßigungen ist allerdings, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist (§ 35a Absatz 5 Satz 3 EStG). Insbesondere mit der letztgenannten Voraussetzung soll Schwarzarbeit vorgebeugt werden.

Keine freiwillige Vorauszahlung an Handwerker ohne Rechnung

Was in der Praxis öfter vorkommt, ist, dass die Auftraggeber auf (meist sogar mündliches) Bitten des Handwerkers einen Vorschuss zahlen oder (vor allem) Richtung Jahresende freiwillige Voraus- oder Abschlagzahlungen leisten, ohne dass eine Rechnung des Handwerkers vorliegt. Die Gründe dafür sind vielfältig: ein Insistieren des Handwerkers („der Einkauf des Materials ist so teuer“), die Tatsache, dass der Bürger gerade einen Bonus überwiesen bekommen hat, oder dass (so meistens) der steuerliche Höchstbetrag in einem Veranlagungszeitraum bereits ausgeschöpft ist. Warum es zu den Vorauszahlungen kommt, spielt für die Rechtsfolge allerdings keine Rolle, und diese ist leider gravierend: ohne Rechnung auch für die Vorauszahlung kein steuerlicher Abzug.

Problem: Vorauszahlungen an Handwerker aufsplitten

Dies hat unlängst das Finanzgericht Düsseldorf entschieden (Aktenzeichen des Urteils: 14 K 1966/23 E). Dort leistete der Auftraggeber eine freiwillige Vorauszahlung an einen Handwerker im Jahr 01, obwohl die Leistung erst im Jahr 02 erbracht werden sollte. Der Auftraggeber wollte aber den steuerlichen Höchstbetrag in beiden Jahren ausnutzen. Er schlug daher dem Handwerker in einer E-Mail vor, einen Teil der voraussichtlichen Lohnkosten bereits im Jahr 01 in Rechnung zu stellen, da er die anfallenden Lohnkosten steuerlich geltend machen wolle. Er sah als Abschlag 2/3 der kalkulierten Lohnkosten vor. Der Handwerker meldete sich daraufhin allerdings nicht. Gleichwohl wies der Auftraggeber seine Bank an, die Vorauszahlungen zu leisten.

Nachträglich ausgestellte Rechnung zählt nicht

Das Finanzgericht Düsseldorf hat hierzu entschieden, dass die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen nach § 35a Absatz 3 EStG nicht in einem Veranlagungszeitraum zu gewähren ist, in dem der Steuerpflichtige Handwerkerleistungen noch nicht in Anspruch genommen, sondern lediglich freiwillig bzw. „eigenmächtig“ eine Vorauszahlung an den Handwerker überwiesen hat, ohne dass eine Rechnung des Handwerkers vorlag. Interessanterweise soll dies selbst dann gelten, wenn später eine Rechnung für die freiwilligen Zahlungen ausgestellt wird. Die Verrechnung einer bereits geleisteten Zahlung in einer Rechnung sei nicht gleichbedeutend mit einer Rechnung für diese (Voraus-)Zahlung, so das Gericht. Es gilt also, im Leben wie im Steuerrecht: gemach! Wer zu früh zahlt, den bestraft das Leben.

Portraet von Prof. Dr. Florian Haase, Partner am Hamburger Standort der Kanzlei Roedl & Partner

Prof. Dr. Florian Haase

Der Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht ist als Partner am Hamburger Standort der Kanzlei Rödl & Partner tätig. Seine Schwerpunkte liegen unter anderem in der Steuerstrukturberatung bei (internationalen) M&A-Transaktionen, Umstrukturierungen, Unternehmenssanierungen, in der Konzernsteuerplanung sowie im Internationalen und Europäischen Steuerrecht.