Geldanlage
Warum der Aktienanteil im Portfolio nicht zu hoch sein sollte
Was Anleger nicht vergessen sollten? „Einmal jährlich die Risikoquote anzupassen“, sagt Karl Matthäus Schmidt. „Denn“, so der Vorstandschef der Quirin Privatbank, „ein steigender Aktienanteil kann bei einem Crash böse Folgen haben.“ Und deshalb, so ergänzt Thomas Kruse, Chief Investment Office bei Amundi Deutschland, sollte der Aktienanteil im Portfolio nur bei rund 70 Prozent liegen. Worauf es bei der Geldanlage sonst noch ankommt, erklären Schmidt und Kruse im Gespräch.

Thomas Kruse
ist seit November 2017 Mitglied der Geschäftsführung und Chief Investment Officer (CIO) der Amundi Deutschland GmbH
Karl Matthäus Schmidt
ist seit 2006 Vorstandsvorsitzender der Quirin Privatbank. Seit 2013 setzt der Betriebswirt mit dem Robo-Advisor quirion zudem auf Online-Vermögensverwaltung zu günstigen Konditionen
Zuletzt ist die Zahl der Aktienanleger gestiegen. Wie optimistisch sind Sie, dass die langfristige Aktienanlage ein nachhaltiger Trend ist?
Karl Matthäus Schmidt: Definitiv optimistisch. Die meisten Menschen haben verstanden, dass es keinen Sinn macht, nur kurzfristig zu traden. Die meisten Anleger sind auch bereit, Turbulenzen auszuhalten, wie es sie beispielsweise in der Coronakrise gab, um langfristig eine positive Rendite zu erzielen.
Viele Anleger möchten ihr Wertpapierportfolio möglichst breit aufstellen. Sie nehmen etwa auch Anleihen mit hinein, um dann festzustellen, dass sie damit nichts verdienen.
Schmidt: Ein gutes Basisportfolio besteht aus Aktien und Renten. Ja, Renten sind nicht der Renditebringer, aber bringen Stabilität. Mit ihnen kann man das Risiko individuell anpassen. Deshalb haben sie eine wertvolle Funktion in einem Portfolio.
Die Streuung ist zentral für das Anlageergebnis, sagen die Lehrbücher. Aktien, Anleihen vielleicht noch cash wurden als Anlagevehikel immer genannt. Oder ist das heute feinziselierter?
Thomas Kruse: Es ist sehr viel feinziselierter geworden. Und vor allem auch globaler. Gerade in den vergangenen Jahren haben die Marktteilnehmer sehr viel stärker zu diversifizieren versucht – über globale Engagements, über Währungen, durchaus auch über Rohstoffe. Nun kommt durch die gestiegenen Inflationsraten noch einmal starker Druck in das System. Es ist damit zu rechnen, dass die Korrelationen zwischen Aktien und Renten noch weiter gegen Null tendieren. Insofern wird das Ganze nicht mehr so funktionieren. Man wird gezielt nach anderen Anlageklassen suchen müssen.
Geben Sie uns einen Ausblick: Wie wird sich die Börse in der zweiten Jahreshälfte entwickeln?
Kruse: Seit Ende April laufen die Aktienmärkte nicht mehr so gut wie in den Monaten davor. Die Renditen werden kleiner. Die Konjunkturprognosen sind zwar erfreulich, die Engpässe auf den Rohstoffmärkten dürfte es aber bis 2022 geben. Und das Thema Inflation wird uns ein Stück weit beherrschen. Wir gehen aber davon aus, dass der Peak in diesen Monaten erreicht ist. Und im Umfeld der nächsten großen Sitzung der US-Notenbank im September könnten die Inflationszahlen fallen.
Kommen zu Ihnen aktuell auch mehr und mehr Leute, die ihr Geld in Kryptowährungen investieren wollen?
Schmidt: Ja, bei Kryptowährungen möchten viele mitspielen. Und zugegebenermaßen steht dahinter auch eine spannende Technologie. Bitcoin & Co. haben aber keinen inneren Wert und die Kurse schwanken extrem. Für den langfristigen Vermögensaufbau sind sie also eher nicht geeignet. Wer Spielgeld übrig hat, kann das mit ein paar Prozent natürlich mal ausprobieren.
Das Gegenteil von Bitcoin & Co. sind sichere, langfristige Anlagen. Deren Bedeutung kann man gar nicht überbetonen, oder?
Schmidt: Absolut. Gerade eine möglichst breit gestreute Anlage in Aktien bzw. ETFs liegt auf der Hand: Man beteiligt sich an der langfristig positiven Entwicklung der Weltwirtschaft und erhält auch noch laufende Erträge in Form von Dividenden. Ich habe dazu mal gerechnet: Hätten meine Eltern mir 1969 zur Geburt 30.000 Euro geschenkt und diese entsprechend angelegt, dann wären die 30.000 Euro heute über eine Million Euro wert. Der Zinseszinseffekt ist also gigantisch.
Sie haben auch mittelständische Unternehmer als Kunden. Ist es für diese nicht ein kaum leistbarer Spagat, Liquidität vorzuhalten und zugleich nur historisch niedrige Zinsen zu bekommen?
Schmidt: Ja, das ist ein Dilemma. Firmen, die Liquidität für ihr Geschäft vorhalten müssen, kommen an Strafzinsen kaum vorbei. Aber es gibt auch Unternehmer oder Freiberufler, die gut verdienen und keine großen Liquiditätspolster brauchen. Wir konnten da schon einigen Kunden helfen, Strafzinsen zu vermeiden und eine für sie passende Anlage mit „aushaltbarer“ Aktienquote zu finden.
Bitte geben Sie noch eine Anlageempfehlung: Nehmen wir einen Unternehmer, 40 Jahre alt, mit einer Investmentsumme von 150.000 Euro. Wo sollte er investieren?
Kruse: Der Aktienanteil sollte bei rund 70 Prozent liegen. Die Papiere sollten sehr stark global diversifiziert sein. Es sollten auch Aktien aus den Schwellenländern enthalten sein, denn ein 40-Jähriger hat noch genug Zeit, eine Altersvorsorge aufzubauen. Die restlichen 30 Prozent sollten in Unternehmensanleihen investiert werden. Und Gold kann eine gute Beimischung sein.
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