Während Landwirtinnen und Landwirte im Herbst das Erntedankfest feiern, knallen bei vielen Anlegenden mit deutschen Aktien im Depot im Frühjahr die Champagnerkorken. Dann bricht die Dividendensaison an, in der peu à peu die meisten Aktiengesellschaften ihre Hauptversammlungen abhalten. Dort beschließen die Aktionäre die Dividende für das zurückliegende Geschäftsjahr. Für viele von ihnen fließen attraktive Dividenden. Wer auf den einschlägigen Portalen etwa die Kennzahlen der Werte aus dem Dax aufruft, entdeckt dort Dividendenrenditen, die weit über dem Zins von Tagesgeldkonten liegen.
Dividendenrendite ganz einfach berechnet
Dividendenrendite? Dies ist der Prozentsatz der Dividende vom aktuellen Kurs. Beispiel: Beträgt die Dividende eines Unternehmens zehn Euro, der Kurs zurzeit 100 Euro, bedeutet dies eine Dividendenrendite von zehn Prozent. Momentan sind die Titel deutscher Autobauer Spitzenreiter nach dieser Kennzahl.
Genaue Prüfung ist angesagt!
Dies liegt vor allem an den Kursverlusten nach erheblichen Gewinneinbußen. Nur wer fest an die Zukunft von BMW, Porsche, VW & Co. glaubt, setzt auf ihre Aktien. „Die Dividendenrendite liefert schnell Fehlsignale“, warnt etwa Hans-Jörg Naumer, Director Global Capital Markets & Thematic Research bei Allianz Global Investors (AGI), einer Investmentgesellschaft, die mehrere Fonds mit dividendenstarken Aktien im Programm führt (siehe Interview unten). Prüfen Anlegende, die auf einzelne Dividendenstars setzen wollen, die Titel nicht penibel, droht ihr Erntedankfest im Frühjahr auszufallen.
„Die Ärmel hochkrempeln“
Hans-Jörg Naumer, Kapitalmarktexperte bei Allianz Global Investors, über Strategien, in dividendenstarke Aktien zu investieren.
DUP UNTERNEHMER-Magazin: Warum gewinnen dividendenstarke Aktien im demografischen Wandel und bei Rentensystemen unter Druck an Bedeutung?
Dr. Hans-Jörg Naumer: Wenn die gesetzliche Rente demografisch bedingt immer mehr zum Fass ohne Boden wird, wird Kapitaleinkommen für die Altersvorsorge immer wichtiger. Genau hier können Dividenden ihre Stärke ausspielen. Sie fließen – ganz egal, wie die Kassenlage des Staates gerade ist.
Wie wichtig sind Ausschüttungen für die Gesamtrendite einer Aktienanlage?
Naumer: Entscheidend – auch wenn sie oft unterschätzt werden. Beispiel: Über die vergangenen 40 Jahre betrug der Anteil der Dividenden an der Gesamtrendite europäischer Aktien knapp 40 Prozent. Und nichts ist beständiger als die Dividende. Das führt insgesamt dazu, dass eine Aktienanlage weniger schwankungsanfällig ist als gedacht. Denn ein merklicher Teil der Rendite ist kaum volatil und kann noch dazu nie negativ werden. Das zeigt sich auch schon für kürzere Zeiträume. Es gilt die Regel: Unternehmensgewinne schwanken weniger als die Aktienkurse, und Dividenden schwanken deutlich weniger als die Unternehmensgewinne.
Sinken Dividenden nicht, wenn die Wirtschaft schwächelt und die Unternehmen stagnierende oder sogar geringere Gewinne verbuchen müssen?
Naumer: Das kommt vor, ist aber eher die Ausnahme. Über die zurückliegenden Jahrzehnte konnten wir beobachten, dass die große Mehrheit der Unternehmen die Dividenden Jahr für Jahr anhebt oder zumindest beibehält. Nur ein kleinerer Teil senkt sie. In den Jahren nach dem Ausbruch der Finanzkrise und der Coronapandemie haben zwar mehr Firmen die Ausschüttungen gesenkt, sie jedoch in den Folgejahren wieder korrigiert.
Achten im Hause Allianz Global Investors die Managerinnen und Manager von Dividendenfonds bei der Auswahl von Einzeltiteln nur auf die Höhe der Dividendenrendite, oder spielen auch andere Faktoren eine Rolle?
Naumer: Die Dividendenrendite liefert schnell Fehlsignale. Sie zeigt nur das Verhältnis der zuletzt (!) gezahlten Dividende in Relation zum aktuellen – schwankenden – Kurs. Wichtiger ist die Beständigkeit, mit der Dividenden gezahlt werden und, besser noch, wachsen. Wichtig ist auch, dass nicht mangels Geschäftsmodell die Substanz des Unternehmens ausgeschüttet wird. Man muss also schon genau hinschauen.
Inwieweit verlangt der Fiskus seinen Obolus bei den Ausschüttungen?
Naumer: Der Fiskus ist wie immer dabei. Außerhalb des Sparerfreibetrags fallen Abgeltungssteuer und Solidaritätszuschlag an. Gerade wenn ich auf Kapitaleinkommen setze, was immer mehr Anleger tun, muss ich das berücksichtigen.
Wie können Anleger am besten in Dividenden investieren?
Naumer: Breit gestreut, zum Beispiel europaweit oder global. Und dabei darauf achten, dass es sich um einen Fonds handelt, der gezielt eine Strategie verfolgt, um die Dividendenausschüttungen zu optimieren. Dafür muss ein Manager aber die Ärmel hochkrempeln. Tipp: Es gibt auch monatlich ausschüttende Fondsvarianten. Diese helfen, den eigenen Cashflow zu verstetigen und Kapitaleinkommen zu generieren, entweder zusätzlich zum Arbeitseinkommen oder zur Rente.